Als knifflige Herausforderung präsentierte sich jedoch die gegenüberliegende 7-stöckige Häuserfront, die das Areal morgens und den Winter über in ihren Schatten taucht.

Christoph Treberspurg vom Architektenteam Treberspurg & Partner brachte einen persönlichen Nahbezug zu Purkersdorf sowie als Vater eines 5-jährigen Kindergartenkindes lebhaftes Interesse und praktische Erfahrung rund ums Thema Kindergarten mit. Der Architekt erforschte die Tragweite des Verschattungsproblems anhand einer detaillierten Sonnenlicht-Simulation und kam zu dem Schluss, dass es eines außergewöhnlichen Konzepts bedürfen würde, um das tägliche Wirken und Schaffen der künftigen Kindergartenbesatzung freundlich zu erhellen.

Beruhigend sanftes Licht
Die Lösung besteht in einer höchst ausgefallenen Deckengestaltung: Im gesamten neuen Trakt finden sich nur wenige Quadratmeter waagrechter Deckenfläche. Der Rest besteht aus leicht bis erheblich schrägen Flächen, die quasi Pingpong mit den hoch oben per Deckenfenster eingefangenen Lichtstrahlen spielen und sie schwungvoll nach unten in die Räumlichkeiten befördern. Das viele reflektierte Licht erzeugt im Inneren eine sanfte, helle, niemals grelle Lichtstimmung.

Die verkippte Dachstruktur bildet eine Landschaft mit zwei „Gipfeln“, einer über jedem Gruppenraum, wo in luftiger Höhe von 5,30 Meter je zwei Dachflächenfenster eingelassen sind. Aus der unterschiedlichen geografischen Ausrichtung der beiden Gruppen und damit unterschiedlicher Wege der Lichtreflektion ergeben sich zwei individuell angeordnete, heimelige Gruppenräume. Die Flanken der beiden Gipfel treffen einander in der Mitte, bilden die „Talsohle“ und überdachen den wirklich großzügig dimensionierten, zum Garten hin verglasten Erschließungsraum. Kein leeres Wort: Bei der Eröffnung fasste allein dieser Raum etwa 200 Personen – Platz genug also für 50 bewegungshungrige Kinder. Neben dem Transport von Licht fällt den perforierten weißen Deckenverkleidungen auch die Aufgabe der Schalldämpfung zu. Beides mit großem Erfolg, wie man im voll besetzten Kindergarten spürt. Die Kombination von weichem Licht und gebändigtem Schall sorgt für eine angenehm harmonische, fast beschauliche Atmosphäre: 50 Kinder, gehörschonend und friedlich vereint unter einem Dach – schräg! In Kinderaugenhöhe laden Über-Eck-Panoramafensterbänder mit gemütlichen Fensterbänken die Kids zum Sitzen, Schauen und Spielen ein. Oberlichten zwischen den Räumen sorgen für wichtige Blickbeziehungen.

Fassade mit Bezug zum Wald
Außen trägt die Architektur der unmittelbaren Nähe zum Wienerwald Rechnung: die heimelige Lärchenholzfassade aus drei verschieden breiten Brettformaten im wilden Verband ist mit unterschiedlich bunten Spannbahnen hinterlegt. Je nach Betrachtungswinkel ändert sich der farbige Akzent der Fassade – und je älter und silbriger das Holz wird, desto leuchtender werden diese Farbakzente in Zukunft in Erscheinung treten.
Das restaurierte Pförtnerhaus beherbergt im Obergeschoss die Büro- und Besprechungsräume der Kindergartenleitung, sein Erdgeschoss ist als Teil des Bewegungsraums in den neuen Trakt integriert.
Ebenfalls im gesamten Niedrigenergie-Gebäude integriert ist modernste Haustechnik mit ferngesteuerter Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. Als Heizung dient eine Luft-Wasser-Wärmepumpe, die ihre Energie via flächendeckender Fußbodenheizung ans Kind bringt.
Bei unserem Besuch holten wir die Meinung der Hauptpersonen zu ihrem neuen Refugium ein. Danke an alle Kids, die uns wohlüberlegt ihren persönlichen Lieblingsplatz im schönen neuen Kindergarten verrieten!