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NÖ Gestalte(n) Ausgabe 137

NÖ gestalten 137 1717 Meist ist die Geschichte um solch eine Rarität in Vergessenheit geraten oder wurde nie übermittelt. „NÖ gestalten“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese außergewöhnlichen Bauwerke vorzustellen und so ein Stück Geschichte wieder auferstehen zu lassen. Gars am Kamp ist nicht nur beliebter Luftkurort, die „Perle des Kamptals“ birgt auch interessante architektonische Schätze, die es (wieder) zu entdecken gilt. Mit der Anbindung an die Franz-Josefs-Bahn entwickelte sich der Ort im 19. Jahrhundert zu einem mondänen Badeort. Hier ließ sich einst der berühmte Komponist Franz von Suppé nieder, um seine Operette „Boc- caccio“ zu schreiben. Die Anziehungskraft setzte sich über die Jahrhundertwende fort. Repräsentative historistische Landhäu- ser, wie etwa die Villen an der Kremserstraße, dem Kamptal zugewandt und reichlich geschmückt, findet man dort in un- gewöhnlich hoher Dichte. Doch das ist weitaus nicht alles, was Gars zu bieten hat. Verlässt man das Ortszentrum und fährt in Richtung Norden hügelaufwärts, gelangt man in ein Viertel mit viel Grün und pittoresken Wohnsituationen. In der Weisergas- se trifft man auf ein Bauwerk, das im ersten Anblick asiatisch anmutet. Ein Pagoden-artiges Dach sitzt auf einem kompakten Haus. Wer den Dehio, das Handbuch österreichischer Denk­ mäler, dabei hat, findet den entscheidenden Hinweis: „Villa von Josef Hoffmann, 1924“. Der bedeutende österreichische Architekt entwarf für Emil ­Hanebeck aus Westfalen dessen privates Wohnhaus. Der In- dustrielle war der Begründer der Zitternberger Nähnadelfabrik und ließ sich von Hoffmann auch gleich den Grünraum dazu gestalten. Eva Berger beschreibt diesen im „Handbuch Histori- sche Gärten und Parks in Österreich“: Der Vorgarten mit einer durchbrochenen Ziegelmauer ist zur Straße hin abgeschirmt, die Loggia durch Spitzbögen gegliedert. Der terrassierte Gar- ten mit Rosenspalieren und Obstbäumen wurde gut erhalten. Der konvex geschwungene Ausgang ins Freie erfährt durch die ­konkave Gegenbewegung in Form dreier Stufen einen elegan- ten Ausgleich. Die Eingangssituation zur Straße hin bildet re- präsentativ in ihrer achsialen Gliederung einen Sichtbezug zum schmiedeeisernen Zugangstor. Josef Hoffmann (1870-1956) wurde wegen seiner orthogonal strukturierten Formensprache mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen „Quadratl-Hoffmann“ bedacht. Doch nicht nur sei- ne Vorliebe für kubisch organisierte Baukörper, sondern auch seine Liebe zum Ornament kreidete man ihm an. Von anderen wurde er für diese schon zu Lebzeiten verehrt. Es gibt gemessen am reichhaltigen Schaffen des Architekten nicht viele Orte in Niederösterreich, die einen Hoffmann-Bau aufweisen können. Dazu gehören die Häuser in Hohenberg für die Industriellen­ familie Wittgenstein, der Umbau von Landhäusern in Baden, das Haus Pazzani in Klosterneuburg-Weidling, eine Waldkir- che in St. Aegyd am Neuwald und das bekannte Sanatorium Purkersdorf. Theresia Hauenfels Wer mit offenen Augen durch das schöne Niederösterreich fährt, hat vielleicht schon das eine oder andere „Baujuwel“ entdeckt. Quellen: Eva Berger, Historische Gärten und Parks in Österreich. Erste Erfassung der Garten- und Parkanlagen von der Renaissance bis um 1930, 1.Band: Niederösterreich, Burgenland. Böhlau, Wien Köln Weimar 2002 Theresia Hauenfels/Elke Krasny/Andrea Nussbaum, Architekturlandschaft Niederösterreich, Band 3: Waldviertel, Springer-Verlag, Wien-New York 2011 Thomas Jorda, Extravagant am Kamp, in: Theresia Hauenfels/Thomas Jorda, Wohnen im Sommer. Residenzverlag, St. Pölten 2009, S.30-37 Isabella Marboe, Von Zauberg-Villen und Badehütten, in: morgen 3 / 10, S. 24-27

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