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NÖ Gestalte(n) Ausgabe 137

Vierkanter22 ÜberEntstehungundAlterderVierkanthöfekursierenmancherlei romantisierendeTheorienundVermutungen,dieesaufgrundder Erkenntnisse neuerer Forschungen zu korrigieren gilt: Römertheorie: Die Vierkanter seien aufgrund der Ziegelbauweise und des ge- schlossenen Innenhofs auf römische Gutshöfe („villa rustica“) zurückzuführen. Wehrtheorie: Die Vierkanter seien zur Zeit der Bauern- und Türkenkriege (16./17.Jh.) als Wehranlagen („Bauernburgen“) errichtet worden. Bayerntheorie: Unausrottbar ist die Behauptung, der Vierkanter sei eine ­„bajuvarische“ Hofform. Sie geht irrigerweise davon aus, dass die bayrischen Kolonisten bei ihrer Landnahme im 8./9. Jh. das Modell des Vierkanthofs bereits mitgebracht hätten. Tatsächlich jedoch gab und gibt es in ganz Bayern bis heute keinen Vier- kanthof, dort dominieren die offenen Vierseithöfe. Evolutions- bzw. Funktionstheorie: Diese Theorie ergab sich in Anbetracht der modernen Sied- lungs-, Flur- und Hausforschung. Die Genese des Vierkanthofs hat demnach keinerlei stammesgeschichtlich-völkische oder wehrtechnische Hintergründe. Der Vierkanter ist eine eigen- ständige, regionaltypische Hofform, die sich im österreichischen Zentralraum ob und unter der Enns seit dem Spätmittelalter schrittweise vom unregelmäßigen Haufenhof zum geschlos- senen Regelhof entwickelt hat. In seiner erst seit Ende des 19. Jahrhunderts landschaftsprägenden Ausformung ist er das letzte Glied einer wirtschaftslogistischen Entwicklungskette. Der Typenbegriff „Vierkanter“ ist übrigens erst 1893 vom Ober- österreicher Gustav Bancalari, einem Pionier der Bauernhaus- forschung, eingeführt worden.

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