F A C H A R T I K E L DI Brigitta Hemmelmeier-Händel + DI Karin Schauer Freiraumplanung und Landschaftsarchitektur F R E I R Ä U M E + L A N D S C H A F T E N die Kindheit ermöglichen Wir alle tragen prägende Erlebnisse aus Kindertagen in Gärten, Parks, am Schulweg in uns. Kinder wollen ihre Welt begreifen und für sich fassbar machen. Sich mit vollem Körper- und Sinneseinsatz einbringen, kommunizieren und interagieren, um ihren Platz in der Gemeinscha zu finden. Es ist ein SEIN in einer sich stetig wandelnden fantastischen, realen und virtuellen Erfahrungswelt. zu stärken und nicht Gefahrenlosigkeit zu suggerieren, die Abgabe von Eigenverant- wortung mitproduziert. Neben dem eigenen Zimmer und virtuellen Räumen ist Kindheit heute vielfach geprägt von Schule und durchorganisierter Freizeit- beschäftigung. Um Lebenserfahrung zu sammeln und die Persönlichkeit zu entfalten braucht es auch spontane, unbeaufsichtigte Erlebnisse. Freiraum haben… Kinder brauchen Zeit und frei zugängliche, selbst gestaltbare „unfertige“ Orte und Wege. Für sie zählt der Gebrauchswert. Das kann mitunter „Erwachsenenansprüchen“ im Hin- blick auf Ästhetik, Sicherheit, Funktion etc. widersprechen und bedarf oftmals Aushandlungsprozesse. Gefragt ist Offenheit für kindliche Bedürf- nisse sowie altersadäquate Mitbestimmung, um gemeinsam Freiheiten und klare Grenzen zu vereinbaren. Auch das Abwägen im Span- nungsfeld zwischen Reglementierung zum Wohle der Kinder, aber auch Überreglemen- tierung und Erlebniseinschränkung auf der einen, sowie Freiheitsgraden auf der anderen Seite, ist ein herausfordernder Balanceakt bei jedem Spielraum. Wichtig ist die Risikokom- petenz der Kinder zu schulen, Selbstvertrauen 20 GESTALTE(N) Von Zuhause… Bis ca. 6 Jahre sind Kinder in ihrer Raum- nutzung und Mobilität stark auf Betreuungs- personen angewiesen. Ein Vorgarten kann bereits Kleinkinder zu eigenständiger Begeg- nung mit Vorbeikommenden einladen. Eine Blockrandbebauung erzeugt beschützte In- nenhöfe, in denen sich Kinder frei und sicher bewegen können. Direkte Zugänge und guter Sicht- und Ruontakt erleichtert zudem die Betreuungsaufgabe. Dieses vermeintlich unbeobachtet SEIN, ob in Gärten oder wohnungsnahen Freiräumen, fördert Kreati- vität und Handlungskompetenz. …in die Welt hinaus Mit zunehmendem Alter schulpflichtiger Kinder erweitert sich ihr Aktionsradius. Ob sie dabei selbständig unterwegs sind oder ge- fahren werden, ist abhängig von der Qualität der Erreichbarkeit ihrer Orte und zudem vom sozialen Umfeld als Rollenmodelle für Mobi- litätsverhalten und Raumnutzung. Öffentlicher Straßenraum dehnt den Hand- lungsraum von Kindern weiter aus, wenn ein kurzes Alltagswegenetz mit Platz für Kinder- mobilitäten, Übersichtlichkeit und ein sicheres Neben- und Miteinander der unterschiedlichen Fortbewegungsarten gegeben ist. So erlauben ein breiter Gehsteig, bespielbare Nebenstraßen und „shared spaces“, reale „Gruppenchats“ oder spontanes Spiel. Ein barrierefreies Wege- netz in Dorf und Landscha regt an das Lebensumfeld am Weg zu entdecken. Das Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum wird durch Häuser, die als „soziale Augen und Ohren“ zum Straßenfreiraum ausgerichtet sind und Menschen in den Straßen gesteigert. Freiraum lassen… Abhängig von Alter, Geschlecht etc. eignen sich Kinder Raum und Ausstattungen unter- schiedlich an. Nicht unbedingt nach den an- gedachten Bestimmungen - sie interpretieren sie um, ergänzen Funktionen uvm. So sind „unfertige“, mehrfachnutzbare Spielräume in der Landscha, öffentlichen Spielplätzen, Institutionen etc. aktivierend und schaffen Interaktionschancen. Mehrere kleine Spiel- felder nebeneinander mit offenen Zugängen und Ausstattungen ermöglichen ein Neben- und Miteinander verschiedener Gruppen und Bewegungsmöglichkeiten. Ein Bereich mit frei zugänglich gestaltbaren Materialien wie Holz, Sand etc. und Werkzeugen animiert selbst zu TUN. Der Spielraum verändert sich laufend und bleibt spannend. Es zeigt sich: Unsere Freiräume und Land- schaen spiegeln unsere Lebenskonzepte und Werthaltungen. So werden sie zu Vermittlern für Sozialisation und Teil der Identität. Ein Vater, der Gemüse mit seinen Kindern im Gemeinschasgarten anbaut, bis hin zur Gemeinde mit fußläufigem Mobilitätskon- zept vermittelt auf gelebte Weise WIE, WEM und WAS Wert und Aufmerksamkeit durch (Frei)Raum und Zeit gegeben wird. WIR, die Verantwortlichen für Gemeinde und Stadt, Landschas- und Verkehrsplanende, Verant- wortliche von öffentlichen und institutionellen Einrichtungen, Bauträger, Eltern zusammen mit Kindern, sind es, die diese qualitätsvollen Freiräume herstellen und erhalten. * i l e d n ä H - r e e m l e m m e H a t t i g i r B : s o t o h P