all diesen Auszeichnungen kennen. Er erzählt von seinen ersten Begegnungen mit Architektur als Kind und teilt mit uns sein Wissen über Architektur und den Beruf des Architekten. War ihnen die Berufung zum Architekten durch ihren Vater förmlich in die Wiege gelegt? Inwiefern hat ihre Heimat sie inspiriert? Ja, die Umgebung von Hainburg hat mich auf jeden Fall inspiriert und auch gewisse Bauten, die mich damals schon fasziniert haben und die immer wieder in meinen Projekten auauchen, haben mich in meiner Formensprache geprägt. Zum Beispiel das Schotterwerk in Bad Deutsch- Altenburg, das ich schon als Knabe als Modell nachgebaut habe. Auf meiner Fahrt in die Schule bin ich dort immer vorbei gefahren und war von den Schrägaufzügen, die die Industriegebäude verbunden haben, fasziniert. Bei vielen meiner Entwürfe tauchen diverse Brückenkonstruktio- nen und Schrägverbindungen immer wieder auf. Großen Einfluss auf mein Denken hatte, dass ich an der Donau aufgewachsen bin – einem Fluss, der sich unentwegt weiterbewegt und die Land- schaen verändert. So wie Architektur es ver- mag, die Umgebung zu verändern. Mein Vater war Architekt, und ich habe schon als 10jähriger begonnen, in seinem Büro mitzuarbeiten. Er hat mir Vieles gezeigt und beigebracht. Mein Vater hat auch immer sehr großen Wert auf das hand- werkliche Detail gelegt und seine Bauten stehen jetzt nach 60 Jahren noch gut da. Wie sehen Sie die Rolle der Architektur für die Gesellschaft? Vermag Architektur das Wohlbefinden der Menschen positiv zu beeinflussen? Architektur muss zur Verbesserung der Lebens- umstände beitragen, und man sollte zwischen Bauten und Architektur unterscheiden. Archi- tektur wird ein Bauwerk dann, wenn es eine philosophische und ästhetische Meta-Ebene be- rührt und den Zusammenhang zwischen Gesell- scha und Architektur herstellt. Unser Anliegen ist, Gebäude zu entwerfen, die man durch emo- tionale Auseinandersetzung mental in Besitz nehmen kann. Ich möchte gerne, dass die Be- wohner die von mir geplanten Architekturen auch beschreiben können und nicht nur sagen: Ich wohne an der Ecke der Straße XY, sondern ich wohne in dem Haus mit dem schrägen Turm und den vielen Treppen. Wie sehen Sie die Rolle des Architekten? Für unseren Beruf sind große Veränderungen oder sogar das Verschwinden unseres Berufes vorauszusehen. Und da sind wir zum Teil selber schuld. Heute wird dem Architekten bei großen Projekten ungeheuer viel Verantwortung aufgeladen und zugleich wird ihm die Macht genommen, diese Verantwortung auch zu tragen. Ich vergleiche gerne in der Diskussion die Architektur mit einem Eisberg: Wir sprechen und beurteilen gerne nur die sogenannte sicht- bare Architektur, also die drei Zehntel des Eisberges, die man sehen kann. Nicht beachtet wird die unsichtbare Architektur, also die sieben Zehntel des Eisberges, die unter Wasser schwimmen und die sind, wie man weiß – siehe Titanic –, die gefährlichen. Dazu zähle ich die Politik, die Sachzwänge der Bauordnungen und Gesetze, die turbokapitalistische Ökonomie und die Geschmacksklischees, denen die Ent- scheidungsträger gerne anhängen. Das sind die Einflüsse der unsichtbaren Architektur, die die sichtbare Architektur entscheidend beeinflussen. Gerade in der österreichischen Architektur- diskussion werden die Gebäude nur auf Basis der sichtbaren drei Zehntel beurteilt. Das wäre auch ein wichtiger Punkt in der Ausbildung der Architekten, dass man die jungen Kollegen lehrt, die angeblichen Sachzwänge zu hinter- fragen. Volksabstimmung als Votum über die Architektur muss ich leider ablehnen. Denn damit delegieren die Entscheidungsträger ihre Verantwortung an Menschen, die auf diesem Gebiet unerfahren sind. Man sagt ja auch nicht während einer Operation dem Herzchirurgen, dass er den Schnitt weiter links oben setzen soll. Architekt sein ist auch ein Erfahrungsberuf und es muss nicht jeder junge Architekt sofort die größten Städte aller Zeiten bauen. Dass unser Beruf sich auch in den „Nebendingen“ sehr verändert hat, sieht man am folgenden Bild: Mein Vater hat als Architekt beispiels- weise Verträge noch per Handschlag abge- schlossen und war auch Mediator zwischen Handwerker und Auraggeber. Heute sitzen mir bei Verhandlungen fünf Rechtsanwälte gegenüber, die nur darauf warten, dass die anderen Fehler machen, um sie dann rechtlich belangen zu können. Wir sind eine rechtlich verwaltete Gesellscha geworden, getrieben von dem Wunsch nach mehr Geld. Vor mehr als 30 Jahren wurde Nieder- österreich GESTALTE(N) ins Leben gerufen, mit dem Auftrag, den Menschen ein breites Spektrum an Architektur zu zeigen, um architektonisches Verständnis zu entwickeln und Baukultur zu vermitteln. Wie sehen Sie diesen Auftrag? Ich finde das großartig und mutig. Prinzipiell soll man ja Menschen nichts aufzwingen, aber man soll ihnen schon ein breites Spektrum Bildung vermitteln und Neues zeigen. Nieder- österreich GESTALTE(N) erfüllt mit der Ver- mittlung baukultureller Werte auch einen Bildungsaurag. Der Stellenwert der Bildung kann meiner Meinung nach ja nicht hoch genug sein, damit man weiß, wovon man spricht! Mein Rat an Niederösterreich GESTALTE(N) ist daher: „unermüdlich weitermachen“. * GESTALTE(N) 29