Die Weinviertler Gemeinde Königsbrunn liegt am Fuße des Höhenzuges Wagram. Auf einer vorgelagerten Geländeterrasse befindet sich die Pfarrkirche mit ihrem reizenden Garten, dem Pfarrhof und einem kleinen Nebengebäude, das eine neue Bestimmung bekommen hat.
Am straßenseitigen Eingang des 2017 wiedererstandenen schönen Pfarrgartens, der sich vom Ortszentrum bis hinauf an die Wagramkante erstreckt, empfängt uns ein Mitglied des Königsbrunner Natur- und Kulturvereins und gemeinsam spazieren wir über das terrassierte Hanggrundstück zum Kirchenplateau hinauf. Der 2014 gegründete Verein namens „Grünzeug“ widmet sich der Erhaltung und naturnahen Pflege von Grünflächen sowie der Belebung des Dorflebens. „In diesem Sinne werden vermehrt auch kulturelle Veranstaltungen angeboten“ erzählt Mag. Florian Gegendorfer. „Als wir als neue Pächter vor sieben Jahren mit der Pflege des Gartens begannen, präsentierte er sich als eine Mischung aus alter Obstwiese und verwilderter Gstetten. Das Gras war sehr hoch gewachsen und dazwischen schossen massenhaft Götterbäume empor. Von der ursprünglichen Struktur, wie sie einer der früheren Pfarrer erdacht und angelegt hatte, war nur mehr wenig zu erkennen.“
Durch den prächtigen Pfarrgarten
Nach vielen freiwilligen Arbeitsstunden der Vereinsangehörigen und Helfer entstand in den letzten Jahren ein Vorzeigebeispiel für Biodiversität mit einer Bienenwiese, einem Feuchtbiotop, freilaufenden Hühnern u.v.m. Außerdem werden saisonale Pflanzen, Sämlinge und Früchte zur Entnahme angeboten. „Als einen wichtigen Arbeitsschritt haben wir Wege erneuert und zusätzliche angelegt. Statt steiler Aufgänge gibt es jetzt Stufen, die mit dem besonders widerstandsfähigen Holz, einer hier auf dem Grundstück gewachsenen Akazie, gestützt und verstärkt werden. Bei der Kirchenrenovierung übrig gebliebene Steine und Ziegel wurden ebenfalls als Baumaterial verwendet. Besucher können nun bequem und sicher zwischen alten Obstbäumen hinauf zum Pfarrgartenteich spazieren. Dieser war übrigens eine Überraschung bei der Renovierung der Anlage, weil er so verwachsen war, dass wir erst durch die Erzählungen der Dorfbewohner darauf aufmerksam wurden.“
Die Verwandlung
Etwas abseits der barocken Pfarrkirche und wie diese weit über die Donau hinweg in das Tullnerbecken schauend, befindet sich das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende ehemalige „Totenhäusl“, also ein kleiner überdachter Raum, der meist Karner und mancherorts auch „Seelhaus“ genannt wird. Dabei handelt es sich ursprünglich um eine 1804 errichtete, und auch als Leichenschauhaus genutzte Kapelle. An diesem nur etwa 15 m2 umfassenden Gebäude galt es viel zu tun, bis es am Pfingstwochenende 2021 als Kunstraum Wagram mit der ersten Ausstellung „Landpartie Wagram“ – Eindrücke aus der Region der Fotografin Nadja Meister, feierlich eröffnet werden konnte.
Bei der Renovierung des Totenhäusls wurden nur authentische lokale Baustoffe verwendet. So etwa desolate Putzstellen mit originalgetreuen Materialien ersetzt und der Boden ausgekoffert und mit einem Belag aus historischen Mauerziegeln versehen. Die alte Werkbank im Raum erinnert an den früheren Pfarrer und eignet sich sehr gut um kleinere Kunstgegenstände zu präsentieren.
Rundum und darunter
Große Schaustücke hingegen, wie z.B. die Eisenskulpturen des Dornbirner Künstlers Andreas Rädler, finden im angrenzenden Pfarrgarten eine angemessene Umgebung. In der aktuellen Ausstellung werden Kunstobjekte aus besonderen Fundstücken gezeigt, die den Flüssen Vorarlbergs entnommen wurden. In der Folge hat man die einzelnen Teile mit großer Sorgfalt gereinigt, sortiert und ausgewählt und im Anschluss mit viel Geschmack zu einem stimmigen Ganzen zusammengebaut.
Auch Quellen gibt es hier ganz besonders viele und entlang der Wagramkante spielt das Grundwasser eine markante Rolle, wie der namensgebende Königsbrunnen und die Wasserkeller der Umgebung deutlich machen. Einer davon schließt unmittelbar an den Kunstraum bzw. die Kirche an. Diese speziellen Keller wurden in früherer Zeit nicht zur Lagerung von Wein genutzt, wie man vermuten könnte, sondern dienten zur Kühlung der Milch.
Was alles möglich wäre
Auch damit setzen sich die Mitglieder von Grünzeug auseinander und regen mit „Wie Königsbrunn aussehen könnte“ zum Nachdenken und Entwerfen von Utopien für einen typischen Ort am Wagram an. Um den Kunstraum herum boomt die Bautätigkeit in der ganzen Region und es ist Zeit für die Ortsbewohner und Gemeindeverantwortlichen, oft mit einem Augenzwinkern, neue Szenarien anzudenken.
Autor: Jürgen Niederdöckl
Fotos: Nadja Meister