Landeskindergarten Mödling

„Es ist ein sehr gelungenes Projekt, bei dem nur wenig Boden versiegelt wurde und wir jeden Baum erhalten konnten“, schwärmt Baudirektor Werner Deringer.
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UNIKAT MIT CHARAKTER | Rekordverdächtiger Kindergarten

Der Kindergarten in der Mödlinger Quellenstraße ist hochgradig rekordverdächtig. Statt der ursprünglich geforderten zwei Gruppen musste er vier behausen. Das Team von g.o.y.a. Architekten schaffte das – ohne Abstriche bei Qualität und in der phänomenalen Bauzeit von 7,5 Monaten.

Beim Wettbewerb war ein zweigruppiger Kindergarten gefordert, mit Option auf eine dritte Gruppe, denn Mödling wächst. Die südliche Längsseite des T-förmigen Bauplatzes liegt an der Quellenstraße. Dem denkmalgeschützten Wasserwerk gegenüber (Architekt Hermann von Tamussino, 1926-27) verdankt er den sogenannten Römerbrunnen. Er musste erhalten bleiben. Im Westen belegte eine Ballspielfläche etwa ein Viertel des Grundstücks, das mit einem schmalen Streifen über die angrenzenden Parzellen hinweg an die Carl-Zwilling-Gasse angebunden ist.

So kompakt wie möglich
„Uns war am wichtigsten, den Garten mit dem alten Baumbestand als zusammenhängende Grünfläche zu erhalten“, sagt Christoph Janauschek von g.o.y.a Architekten. Sie verlegten den Ballspielplatz vom westlichen Rand in den hinteren Bereich des schmalen Fahnenstücks. Dadurch blieb den Kindern sehr viel Wiese. Um das Volumen kompakt zu halten, planten sie den Kindergarten zweigeschoßig und verdichteten ihn auf ein Rechteck von knapp 20 mal 23 Metern mit einem flachen, asymmetrischen Satteldach. Der Quellenstraße zeigt der Kindergarten seine schrägste Seite.

Die Fassade, deren rautenförmige Holzlattung der Dachneigung folgt und der eingeschnittene Freiraum vor dem Haupteingang machen ihn zum Unikat mit Charakter. Am Eck mündet der Schleichweg zur Carl-Zwilling-Gasse ein. Viele Kinder kommen von dieser Seite, hier liegt auch der Haupteingang an einem witterungsgeschützten Vorplatz.

Für Bäume und Garten
Im Inneren reicht das Foyer bis zum First und auf dem fußbodenbeheizten Estrich spielen die Kleinen beim Fenster auf dem Teppich. „Ich bin die Ballerina“, strahlt ein Mädchen. Dahinter ist das Büro der Kindergartenleitung. Vier Pädagoginnen und sechs Betreuerinnen arbeiten hier. „Wir sind ein reiner Frauenkindergarten“, lacht dessen Leiterin, Waltraud Fichtinger. Je 15 Kinder besuchen derzeit die zwei Gruppen für die Kleinsten zwischen einem halben und zwei Jahren, in den zwei Gruppen für die größeren sind es jeweils zwanzig.

„Es ist ein sehr gelungenes Projekt, bei dem nur wenig Boden versiegelt wird und wir jeden Baum erhalten konnten“, schwärmt Baudirektor Werner Deringer. Mit dem Bau war bereits begonnen worden und der Aushub schon im Gange, als eine unerwartete Gesetzesänderung einen vierten Gruppenraum notwendig machte. g.o.y.a Architekten fanden – mit viel Entwurfserfahrung ausgestattet – rasch eine Lösung. „Es ging sich alles haarscharf aus.“ Im Norden wurde vor der Gruppe im Erdgeschoß der Garten soweit abgegraben, dass in den Bewegungsraum im Keller ausreichend Licht fällt. Die vierte Gruppe wurde im ersten Stock untergebracht wo vorher der Bewegungsraum war. Es gibt sogar ein MINT-Zimmer zur kindlichen Technik-Förderung.

Das ganze Gebäude spürbar machen
In der Mitte durchquert eine einläufige Treppe das Haus von West nach Ost. In diesem Zentralraum wird das ganze Gebäude spürbar, rechts und links reihen sich an breiten Spielfluren die Garderoben aneinander. Die gesamte Längsfront öffnet sich raumhoch verglast zum Garten. „Uns war wichtig, dass es viel Bezug nach außen und einen Wohlfühlcharakter gibt“, so der Architekt. „Wo sich Kinder wohlfühlen, gehen sie gerne hin.“ Der Kindergarten ist mit klimaaktiv Silber zertifiziert, den Freiraum gestalteten egkk Landschaftsarchitekten.

Glastüren führen auf die überdachte Terrasse. Mit ihren vorgezogenen Seitenwänden funktioniert diese als gemeinsame Loggia, die ein geschütztes Zwischenreich am Übergang von drinnen nach draußen schafft. Ihr Flachdach schenkt den oberen Gruppen einen Freiraum, durch die liegenden Seitenfenster kommt auch über eine zweite Himmelsrichtung Tageslicht in den Raum. Die Kinder nutzen die tiefen, niederen Brüstungen sehr innovativ. Einige sitzen darauf, andere darunter.

Nach rekordverdächtigen siebeneinhalb Monaten Bauzeit nahmen die ersten Kinder im Herbst 2023 ihre Räume in Besitz. In den Garderoben hängen Rucksäcke und Mäntel, in den Fächern liegen Kinderhelme, Puppen und Stofftiere. Auch die Möbel planten die Architekten. Die flache Rampe vom Bewegungsraum in den Garten ist mit grünem Gummigranulat und den kleinen Hügeln sehr spielfreundlich gestaltet und war bei der Eröffnung das High-Light.

Eigentümer: Stadtgemeinde Mödling
Planung: g.o.y.a. Ziviltechniker GmbH
Autorin: DI Isabella Marboe
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenaufnahmen: Christoph Bertos