Refugium Wexlnest

Das Projekt „Wexlnest“ zeigt eindrucksvoll, wie lohnend es ist Bestehendes zu erhalten, an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und zeitgemäß zu modernisieren. „Aus Altem Neues machen“, so beschreibt das Ehepaar die Absicht, Ihr Bestandsgebäude nicht zu ersetzen, sondern zu beleben.
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ZUM NEST WEITERBAUEN | Das Wexlnest als Impuls für zeitgemäße Baukultur

In St. Corona am Wechsel erwarben Susanna und Jerome Eckert-Nathan eine in den 1970er-Jahren erbaute Pension, um nach langer Zeit in Kalifornien ihren Lebensmittelpunkt hierher zu verlegen. Gemeinsam mit dem multikulturell und international orientierten Architekten David Pašek bauten sie das bestehende Gebäude zu einem richtungsweisenden Refugium für sich und ihre Gäste um.

„Aus Altem Neues machen“, so beschreibt das Ehepaar die Absicht, Ihr Bestandsgebäude nicht zu ersetzen, sondern zu beleben.  Die Vision für das Haus unterschied sich aber grundsätzlich vom ursprünglichen Programm des Gebäudes und so waren bedeutende Eingriffe nötig. Unter anderem wurde der Haupteingang verlegt und die statische Struktur soweit verstärkt, dass die nötige Freiheit für den Umbau erlangt wurde. „Es brauchte viel Fantasie, um die Möglichkeiten dieses Bestands zu sehen.

Wir haben Großzügigkeit geschaffen und das Gebäude an die neue Nutzung angepasst.“, so Architekt David Pašek. Das Ergeschoß wurde zum Wohnbereich der Auftraggeber, die einzelnen großzügigen Lofts in den Obergeschoßen sind die „Nester“ – gemütliche Wohlfühlorte mit beeindruckendem Blick auf die umliegende Berglandschaft. Inspiriert durch die offene kalifornische Wohnkultur und im interkulturellen Dialog kristallisierte sich der zentrale Wunsch heraus, die vormals kleinen Zimmer und langen Gänge des Bestandes in offene, fließend ineinander übergehende Räume zu verwandeln. In der Wohnung des Bauherrenpaares schließt sich an den Wohnbereich die sogenannte Bedroom-Suite an, die als Schlafraum und erweiterter privater Aufenthaltsbereich dient. Ohne räumliche Trennung geht dieser direkt in den Sanitärbereich mit Sauna, Dampfbad, Garderobe und verstecktem Hausarbeitsbereich über. Verstärkt wird diese Wirkung durch den durchgehenden, geschliffenen Sichtestrich. Natürlich wurde auch an die eigene Zukunft gedacht: Der Wohnbereich ist barrierefrei und rollstuhlgerecht gestaltet, allfällige Pflegekräfte können in den Wohnbereichen untergebracht werden.

„Exzellente Kommunikation und voneinander lernen“, so beschreibt der Architekt David Pašek den intensiven Austausch für die Umsetzung der hierzulande noch etwas ungewöhnlichen Wohnwünsche.

Der architektonische Eingriff bewahrt den Bestand und macht die Geschichte des Hauses ablesbar. So ist beispielsweise das Treppenhaus mit seinem Terrazzoboden vollständig erhalten geblieben, während andere Bereiche komplett neu gestaltet wurden. Neue Elemente wie die statisch notwendigen Stahlträger wurden sichtbar belassen. Großflächige, präzise gesetzte Glasflächen verweben den Innenraum mit der spektakulären Landschaft des Voralpenlandes. Große und gut nutzbare Freiflächen in Form einer Terrasse und von Balkonen erweitern den Wohnbereich ins Freie. „Build it and they will come“, heißt es in den USA – und das bedeutet, dass nicht nur Gäste, sondern auch Familie und Freunde aus Übersee hier bequem wohnen können.

Gestalten zwischen Kulturen
Die Planung des „Wexlnest“ erstreckte sich über zwei Kontinente: Während der Architekt in Österreich arbeitete, befand sich das Bauherrenpaar noch zeitweise in den USA. Über die Zeitzonen hinweg wurden Ideen ausgetauscht, Pläne abgestimmt und Entscheidungen getroffen. Wie bei allen Umbauprojekten brachte insbesondere die Bauphase Herausforderungen mit sich und verlangte von allen Beteiligten Flexibilität und kreatives Denken. Unter anderem wurde während des Umbaus entschieden, den umlaufenden, schmalen Balkon durch einzelne großzügige Balkone zu ersetzen. Das freute den Bauphysiker, bereitete den Statikern Kopfzerbrechen und war ein Kraftakt im Bauablauf und im Genehmigungsverfahren. Eine neue, ökologisch nachhaltige Dämmung und Fassade plus Erdwärmepumpe, Photovoltaik und Solar bringen das Gebäude energietechnisch auf den neuesten Stand.

Endlich wieder Sommerfrische
„Wir hoffen, ein Teil der Renaissance von St. Corona am Wechsel zu sein“, sagt das Bauherrenpaar und wünscht sich ein Vorbild in Bezug auf Nachhaltigkeit und Wertschätzung des Bestandes und architektonische Qualität zu sein und inspirierend auf nachrückende Projekte zu wirken. Diese behutsame Weiterentwicklung des Bestands ist nicht nur ökologisch, sondern auch kulturell bedeutsam: Durch den Erhalt der zahlreichen Pensionsgebäude, die einst den Fremdenverkehr prägten, wäre ein Stück Ortsgeschichte bewahrt. Denn es tut sich was im Ort: modernisierte Unterkünfte, neue Cafés und ein wachsendes Freizeitangebot. Genau diese Aufbruchstimmung wollen sie mit ihrem Projekt unterstützen und Mut für nachhaltiges Bauen im Bestand mit organischen, lokalen Baustoffen machen.

Das Projekt „Wexlnest“ zeigt eindrucksvoll, wie lohnend es ist Bestehendes zu erhalten, an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und zeitgemäß zu modernisieren. Das Haus ist jetzt mehr als ein Zuhause und Refugium für Gäste – es ist ein Statement für Innovation und eine Vision für die Zukunft.

Eigentümer: Susanna und Jerome Eckert-Nathan
Planung: Architekt DI David Pašek
Autorin: DI Alexandra Ullmann
Fotos: Wolfgang Spekner