Mit dem Erwerb eines alten Stiftskellers begann für den Verein „Mariazell im Wienerwald“, der sich für Kultur und Denkmalpflege im oberen Triestingtal einsetzt, ein mehrjähriger Prozess. Was einst verfallen war, erhält nun wieder die Wertschätzung, die es verdient. Fehler der Vergangenheit wurden sorgsam ausgebessert, abgerissene Teile behutsam rekonstruiert und die alten Gemäuer aus unterschiedlichen Zeitschichten fachgerecht revitalisiert.
Die neuen Besitzer machten sich mit viel Engagement ans Werk. Was zunächst nur eine Vision war, steht heute als lebendiges Zeugnis vergangener Tage in neuem Glanz.
Versteckt in einem schmalen Tal, nordwestlich des Ortes Altenmarkt an der Triesting, liegt Klein-Mariazell – eine beschauliche Klosteranlage mit bewegter Geschichte. Das ehemalige Benediktinerstift, das um 1120 gegründet wurde, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem bedeutenden geistlichen und wirtschaftlichen Mittelpunkt der gesamten Region. Zu diesem historischen Ensemble gehört neben der Basilika, den Klostergebäuden, den Wirtschaftsgebäuden und -höfen auch der alte Stiftskeller. Dieser wurde ursprünglich 1753 unter Abt Jakob Pach als Weinlager erbaut. Mehr als 200.000 Liter verschiedenster Tropfen, vor allem aus dem Gebiet um Baden bei Wien, aber auch aus dem damaligen Westungarn, wurden hier aufbewahrt.
Schichten an Geschichten
Trotz Auflösung des Klosters wurde im Stiftskeller noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts Wein gelagert. Danach erlebte das Gebäude eine Reihe fragwürdiger Umnutzungen – stets begleitet von baulichen Veränderungen, die leider wenig Rücksicht auf die historische Substanz nahmen: Teile der Gewölbe wurden zu Eiskellern umfunktioniert, das erste Obergeschoß diente als Schüttkasten und wurde wiederum später zu Wohnungen ausgebaut. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts folgte eine Phase völliger Vernachlässigung, während das Gebäude zusehends verfiel. In seinem bereits ruinösen Zustand wurde es schließlich zur Lkw-Garage degradiert, wobei der vordere Teil und nahezu das gesamte Obergeschoß abgetragen und Letzteres in moderner Bauweise wieder errichtet wurde.
In diesem desolaten Zustand erwarb der Verein „Mariazell im Wienerwald“ im Jahr 2018 das Gebäude. Mit dem Ziel, kulturelles Erbe zu bewahren, widmet sich der Verein der umfassenden Revitalisierung der ehemaligen Klostersiedlung in Klein-Mariazell. Ein wichtiger erster Schritt war die Unterschutzstellung des Stiftskellers, wodurch seine historische Bedeutung offiziell anerkannt wurde.
Die Sanierungsarbeiten begannen mit dem Um- und Ausbau des Dachgeschoßes, wo ein umfangreiches Depot für die Kunstschätze der Region eingerichtet wurde. Im nächsten Schritt folgte die Revitalisierung des ersten Obergeschoßes samt sorgfältiger Rekonstruktion des einst abgebrochenen Vorbaus. Anhand der freigelegten Fundamenteckpunkte konnte die ursprüngliche Position ermittelt werden. Das Dach wurde in seine ursprüngliche historische Form zurückgeführt.
Bei der Fassadengestaltung orientierte man sich an historischen Aufnahmen: Als Außenputz kam traditioneller Kalkputz mit händischem Kellenwurf zum Einsatz. Der Einbau hochwertiger Kastenfenster aus Fichtenholz folgt dem ursprünglichen Vorbild, ebenso wie die weiß gekalkten Fensterfaschen. Die Rekonstruktion des historischen Wappens von 1753 über dem Eingangstor vervollständigt das authentische äußere Erscheinungsbild.
Raum für die Gemeinschaft
Im Inneren des Gebäudes beeindruckt eine Vielzahl historischer Gewölbe, die umfassend saniert und instand gesetzt wurden. Sekundär eingestellte, nicht historische Trennwände wurden entfernt, bestehende Putze wurden weitgehend erhalten und restauriert, Fehlstellen sorgsam ergänzt, sodass die ursprünglichen Gewölbe wieder vollständig zur Geltung kommen. Das Kreuzgewölbe im Untergeschoß, das frühere Weinlager, überzeugt mit seiner imposanten Raumhöhe. Der sorgsam verlegte Ziegelboden rundet das Erscheinungsbild ab und schafft eine eindrucksvolle Atmosphäre. So bieten die barocken Gewölbe Raum für vielfältige Nutzungen: Von festlichen Veranstaltungen bis hin zu privaten Feiern. Das erste Obergeschoß hingegen kann für Tagungen, Firmenevents, Seminare oder Meetings angemietet werden. Der Verein hat sein ambitioniertes Ziel erreicht: Was einst verfallen war, erstrahlt heute als kultureller und gesellschaftlicher Multi-Veranstaltungsort.
Eigentümer: Verein für Kultur und Denkmalpflege im oberen Triestingtal
Planung: LUX BAu
Autorin: DI Barbara Reiberger
Fotos: Wolfgang Spekner
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