WEINGUT WEINWURM in Dobermannsdorf

Wo zuvor ein verschlossener, dunkler Straßentrakt stand, erstrahlt heute ein offener Verkostungsraum, der sich harmonisch in das historisch gewachsene Hofensemble einfügt.
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DESIGN TRIFFT AUF WEIN | Familienweingut im Weinviertel

Mit präzisem Fingerspitzengefühl plante das Büro für Architektur-, Design- und Markengestaltung Spitzbart + Partners dem Familienweingut Weinwurm im Weinviertel einen idealen Rahmen für dessen Weine. Eine lebendige Fassade, puristische Materialien und gut überlegte Details vermitteln das authentische Flair für Weinverkostungen. Als beliebter Anziehungspunkt des Dorfes zieht das Weingut Weinliebhaber aus der ganzen Region an.

Eingebettet in die malerische Landschaft des nordöstlichen Weinviertels, liegt der kleine Ort Dobermannsdorf. Er ist Teil des Bezirkes Gänserndorf, der charakteristisch von sanften Weinhügeln umgeben ist. Der Hof der Familie Weinwurm, der um 1920 als Bauernhof errichtet wurde, reiht sich in das geschlossene Ensemble des zentralen Breitenangers ein. Eingeschoßige, traufenständige Gebäude, zumeist Zwerchhöfe und Gassenfronthäuser, prägen das Ortsbild. Wunsch des Bauherrenpaares war es, dem Weingut, das sich mittlerweile in der 3. Generation befindet, frischen Wind einzuhauchen. Dafür waren Weitblick und gleichzeitige Bewahrung vergangener Werte erforderlich. Denn Tradition und Bodenständigkeit werden am Hof großgeschrieben. Schließlich sehen sich die Winzer als Kontinuität vergangener Generationen und verantwortlich für die Zukunft des Weinguts.

Einfügung in das Ortsbild
Wo zuvor ein verschlossener, dunkler Straßentrakt stand, erstrahlt heute ein offener Verkostungsraum, der sich harmonisch in das historisch gewachsene Hofensemble einfügt. Die Kubatur des alten Gebäudeteils mit seinem traufständigen Satteldach wurde dabei wieder aufgenommen. Anstelle der zuvor geschlossenen Straßenfassade tritt nun eine lebendige Glasfassade nach außen. Dadurch wird der Wein perfekt in Szene gesetzt und der Raum mit natürlichem Licht durchflutet. Vorgesetzte Holzrahmenkonstruktionen greifen die charakteristische Fassadengliederung des Ortes auf und interpretieren sie neu. Auch der ehemals üppig bepflanzte Vorgarten erstrahlt heute in neuem Glanz. Durch die Neuordnung mit einladenden Sitzmöglichkeiten und Strauchbepflanzungen lädt er zum Verweilen ein.

Zurückhaltung und Authentizität
Die Architektur im Inneren des Gebäudes zeichnet sich durch eine puristische Ästhetik aus. Natürliche Materialien wie Buchenholz, Lehm und Sichtbeton werden gekonnt mit kühleren Elementen wie Schwarzstahl und Glas kombiniert. Licht wird als zentrales Gestaltungselement eingesetzt. Auf zwei Ebenen sind Verkostungs- und Verkaufsraum, eine Küche sowie Büroräumlichkeiten untergebracht. Die Räume sind offen gestaltet, gehen ineinander über und werden durch die Möblierung unterteilt. Somit gelingt eine klare Anordnung.

Das raumhohe Schwarzstahlregal, das parallel zur Straßenfassade verläuft, ist aus jeder Ecke des Raumes sichtbar und prägt die Wahrnehmung des Raumes. So wird aus einem funktionalen Stauraum für Weinflaschen ein beeindruckendes Gestaltungselement. Dank der adaptierbaren Konstruktion ist es flexibel nutzbar – durch das Einlegen von zusätzlichen Fachböden kann es ganz nach Bedarf angepasst werden. Zudem ist eine indirekte Beleuchtung in das Regal integriert.

Für die Weinverkostung wurde ein besonderer Bereich geschaffen: Dieser liegt etwas abgesetzt und ist über fünf Stufen erreichbar. Man begibt sich in eine Art „Kellergrube“, erklären die Winzer. Wände und Boden sind mit Stampflehm aus dem eigenen Weinberg verkleidet. Im Zentrum steht ein großer Tisch, umgeben von bunten, teils historischen Stühlen – manche davon sind sogar Erbstücke. Hier finden bis zu 16 Personen Platz – somit auch ideal für kleine Feiern. Der Verkostungsbereich wird zusätzlich durch von oben hängende Glühbirnen mit bunten Kabeln etwas aufgelockert. Die Farbpalette spiegelt die bunte Vielfalt der Weinetiketten wider.

Die großzügige Raumhöhe wurde geschickt genutzt, um eine Galerie einzurichten. Hier befindet sich unter anderem das Büro, das über eine luftige Treppe zu erreichen ist. Die Zwischendecke wurde von oben abgehängt und schwebt mit Leichtigkeit über dem Raum. Von dort ergibt sich eine beeindruckende Blickbeziehung in den darunterliegenden Bereich und das bunte Geschehen.

Eigentümer: Georg und Lisa Weinwurm
Planung: Spitzbart + Partners
Autorin: DI Barbara Reiberger
Fotos: Romana Fürnkranz