ZEHENTKELLER in der Roseldorfer Kellergasse

Vor nicht allzu langer Zeit noch ein wenig im Hang versunken und von der Natur bereits vereinnahmt, zeigt sich das innen und außen renovierte Haus heute stolz und erhaben in neuer Pracht.
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VOM KELLER ZUM KRAFTPLATZ | 500 Jahre alter Keller neu gedacht

In der Kellergasse in Roseldorf sticht eines der Gebäude besonders heraus. Es ist größer als die umliegenden Kellerhäuser und das Objekt – so wie es sich heute präsentiert – noch als Keller zu bezeichnen, erscheint kurzerhand verkehrt. Vor nicht allzu langer Zeit noch ein wenig im Hang versunken und von der Natur bereits vereinnahmt, zeigt sich das innen und außen renovierte Haus heute stolz und erhaben in neuer Pracht.

 

Das Glück der Stunde
Vor 12 Jahren stand der Keller unerwartet zum Verkauf und Doris Forsthuber und Andreas Miedaner erkannten, wieviel Potenzial in dem Gebäude steckt und welche Magie dem umliegenden Platz innewohnt. Mit dem Versprechen an die Verkäufer, das fast 500 Jahre alte Objekt zu bewahren und zu renovieren, erhielten sie den Zuschlag.
Gebäude in der Kellergasse als Wohnsitz zu nutzen, ist nicht möglich und dies stand auch nicht zur Diskussion. Das Paar betreibt die Kommunikations-Design-Agentur „Büro X“ in Wien und wollte sich einen alternativen Working Space im – mittlerweile zur Wahlheimat gewordenen – Weinviertel einrichten. Die Räumlichkeit sollte sowohl als Arbeitsplatz, für Workshops als auch als Galerie nutzbar sein.

Das Multifunktionsmöbel
Architekt Armin Ebner wollte das Raumerlebnis dieses kathedralisch anmutenden Gebäudes erhalten und entwarf einen frei im Raum stehenden Holzkubus, in dem alle Funktionen, die unterzubringen waren, wie unsichtbar integriert sind. Vertikal und horizontal optimal ausgenutzt nimmt der Kubus alles auf, was aufzunehmen war: Stauraum, Küche, Toilette, Arbeitsbereich und Bad samt entsprechenden Zugängen. Damit sich alle nötigen Raumhöhen realisieren ließen, wurde das Badezimmer unter Fußbodenniveau gelegt.
Wie ein überdimensionales freistehendes Möbel, streift der Kubus in keinem Bereich am bestehenden Gebäude an, löst sich optisch – durch Lichtleisten – ein wenig vom Boden ab und vermittelt den Eindruck, als würde er „schweben“. In Material und Farbe ruhig gestaltet sind alle Funktionen in ihm versteckt und präsentieren sich nicht offenkundig. „Letztendlich bleibt so der ursprüngliche Raum erhalten ohne vorhandene Strukturen oder Mikrostrukturen zu zerstören. Und egal von welcher Seite man es betrachtet, spürt man doch immer wieder die Dimension des Ursprungs“, erklärt Ebner sein „Raum in Raum“ Konzept.

Soviel Natur wie möglich
Da es sich um ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude handelt, wählte Armin Ebner so weit wie möglich Materialien, die in ländlichem Kontext stehen. Für den Boden wurde ein strapazierfähiger Industrie Estrich gewählt, das Holz ist einheitlich Eiche-Natur geölt.

Um in den dicken alten Gemäuern ein angenehmes Klima zu schaffen, hat man sich für Bauteilaktivierung entschieden. Im Boden und den alten Mauern vorgelagert liegen unsichtbar sämtliche wärme- und kältespendenden Kanäle und Verrohrungen. Damit wird nicht nur ein angenehmes Klima erzeugt und einer Durchfeuchtung vorgebeugt, es sollte auch gleichzeitig verhindert werden, dass Heizkörper oder Rohre das skulpturale „Haus im Haus“ und somit auch die Stimmigkeit des Raumerlebnisses stören. Nicht nur im Innenraum wurde auf natürliche Materialien geachtet, auch den Außenbereich gestalteten die Eigentümer mit viel Gespür. Die alten Dachziegel wurden im neuen Dachstuhl wiederverwendet, für die Mauern wurden alte Steine aus der Gegend von Abrisshäusern oder alten Stadln gesammelt.

Über den Horizont und weiter
Die erste Etage des Kubus schließt direkt an die Hinterfläche des Hanggrundstücks an. Die ehemalige Einfuhr in den Dachboden ist heute der Ausgang zu Terrasse und Garten, der einen bis weit über den Horizont hinaus endlos scheinenden Blick über Weinberge bietet. „Für uns ist das der ideale Ort für Inspirationen und kreatives Arbeiten geworden“, freut sich Doris Forsthuber über den für sie rundum gelungenen Kraftplatz.

Den Garten ziert der Press-Stein der alten Baum-Presse, die im ehemaligen Kellerhaus ihren Platz hatte. Als künstlerische Skulptur hat dieses Erinnerungsstück dort nun seine neue Bestimmung gefunden

Eigentümer: Doris Forsthuber und Andreas Miedaner
Planung: BEHF Architects | Architekt Armin Ebner
Autorin: Susanne Haslinger
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenfotos: Christoph Bertos