Das Weingut Taubenschuss in Poysdorfs Innenstadt bekam einen neuen Außenbereich. Auch an alten Winzerhöfen geht die Zeit nicht spurlos vorüber, man erweitert und renoviert sie. Dabei ist es oft so, daß alte Bereiche erneuert werden müssen. Handelt es sich nicht gerade um wertvolles antikes Erbe, wird manches schon nicht mehr vorhanden sein. An seinen Platz tritt das Neue. Wie das gelingt, kann man hier sehr gut besichtigen. selbstgebauter Couchtisch, durch den man auf zwei Holzkisten mit den alten Doppelliterflaschen blickt – ein Zitat von bereits musealer Qualität. Und weiter: Nebendran sind als Randbereich des Bühnenneubaus Glas- bruchstücke in den Boden eingelassen. Sonst macht man das mit weißen Flußkieseln, hier nimmt man dafür das näherliegende, nämlich das eigene Flaschenmaterial. In einem Durchgangsbereich gibt es dann auch noch einen imposant geschnitzten Faßboden aus alter Zeit zu sehen. Seit 1670 besteht dieses Weingut mitten in der Weinstadt Poysdorf. Das war immerhin vor der zweiten Türkenbelagerung, und die heutige Bau- substanz geht auf das ehemalige Aspergerhaus zurück. Generation um Generation lebte und wirkte hier. Deshalb ist das Weingut auch eng mit der Stadtgeschichte verbunden. Die heutigen Inhaber Monika und Helmut Taubenschuß und ihre beiden Söhne Markus und omas mußten sich nicht nur der Aufgabe stellen, die lange Weinbautradition ihrer Familie in die Gegenwart zu holen, sondern dabei auch „Haus und Hof “ auf den aktuellen Stand zu bringen. Dabei entsteht, was halt so anfällt, wenn ein Weingut modernisiert wird: Palettenlager und Kühlhalle vor allem, moderne Räumlichkeiten für Abfüllung, Etikettierung und richtige Auewahrung der Weine. Aber das gibt es woanders auch. Ein Innenhof im Wandel Richtig interessant ist dagegen, wie sich so ein Innenhof wandelt. Hier- bei hat man versucht, Zitate aus der Geschichte ins Heute mitzunehmen. Einige Beispiele können das verdeutlichen. So gibt es hier einen kleinen Steinbrunnen, aus dem das Wasser plätschert. Der besteht aus dem Steingewicht einer alten Weinpresse, das nun nach zahllosen Preßvorgängen sozusagen im Ruhestand ist und mit seinem Wasserquell den Lauf der Zeit versinnbildlicht. Dahinter sehen wir alte Rebstöcke, die als Installation an die Grundstücksmauer montiert wurden. Freilich sind sie ziemlich funktionslos, rein dekorativ, aber sie erinnern an das, was dieses Haus groß gemacht hat. Woanders hat man alte Faß- reifen verwendet. Im lauschigen Lusthaus, dessen Behaglichkeit wir bei starkem Platzregen besonders sinnlich auskosten konnten, steht ein 46 GESTALTE(N) Erinnerungen an früher Gewiß, rein dekoratives Beiwerk ist in der ernsthaen Architektur schon ein bißchen verpönt, aber warum eigentlich? Hier wurde kreativ mit den sprechenden Reminiszenzen des eigenen Traditionshandwerks gestaltet, aber dabei immer auf die Brücke zur Gegenwart geachtet. Wie kann das aussehen? Beispielsweise so, daß man sich bei Neuerungen gerne auch mit heutigen Materialien und Techniken beschäigt. Die Zweckbauten werden deshalb in Stahlbeton gegossen. Die Freibühne, auf der kleine Ensembles zur Freude der Besucher aufspielen, spricht in Stahl und weißen Fassaden. Die große Doppeltür im Haupteingang kokettiert mit „schon drinnen“ und „noch draußen“, sie stört optisch gar nicht, scha aber doch einen Übergangspunkt des Eintritts. Im seitlichen Arkadengang sind Weich- holzbänke aus dem neunzehnten Jahrhundert aufgefädelt, aufgelockert von einem da oder dort eingestreuten kleinen Tisch. Wer denkt, daß es hier um die Vergangenheit gehen soll, der muß sich nur einmal die Tauben- bilder ansehen, die von bekannten österreichischen Künstlern gestaltet worden sind – alle sind sie modern, neu und farbenfroh, und so kommen sie dann auch aufs Weinetikett. Hier schließt sich wieder der Kreis zwischen Wein und Kunst. Und diese Modernität ist es dann auch, der das Alte einen Teil seines noblen Glanzes verdankt, denn so erkennt man es erst richtig. Das hat auch eine Menge damit zu tun, daß die Inhaberin den Konnex zur zeitgenössischen Kunst pflegt. Denn Wein regt ja bekanntlich zum Philosophieren an und Kunst bietet dafür einen idealen Nährboden. * ( N E T L A T S E G ) , s s u h c s n e b u a T : s o t o h P