FEUER & FLAMME – Hammerwerk Eybl in Ybbsitz

Als ein Hauptort der niederösterreichischen Eisenstraße erfüllte Ybbsitz seine Aufgabe über viele Jahrhunderte. Schließlich war die Marktgemeinde in der gesamten Region bekannt für ihre hochwertige Hacken- und Werkzeugproduktion. Gab es um 1290 insgesamt 19 Häuser und zwei davon waren Schmieden, so wuchs deren Anzahl auf 20 Hämmer im Jahr 1808 an.

FEUER & FLAMME – Hammerwerk Eybl in Ybbsitz

Als ein Hauptort der niederösterreichischen Eisenstraße erfüllte Ybbsitz seine Aufgabe über viele Jahrhunderte. Schließlich war die Marktgemeinde in der gesamten Region bekannt für ihre hochwertige Hacken- und Werkzeugproduktion. Gab es um 1290 insgesamt 19 Häuser und zwei davon waren Schmieden, so wuchs deren Anzahl auf 20 Hämmer im Jahr 1808 an. Für den guten Schliff sorgten ebenso viele Schleifmühlen entlang des Prollingbaches. Die Familiendynastien der Hammerherren, seit jeher „Schwarze Grafen“ genannt, das Brauchtum der Handwerksgesellen und Zünfte, sowie die bäuerliche Tradition ließen eine Infrastruktur gedeihen, die bis heute ein Fundament der lokalen Wirtschaft geblieben ist.

Von der Ruine zum Vorzeigeobjekt
Im Ortsteil „In der Noth“, wo der Prollingbachgraben recht eng zusammenläuft, steht eine im Spätmittelalter errichtete Schmiede. Einst Strunz Hammer genannt, konnte sie sich all die Jahrhunderte erfolgreich gegen den Hang auf der einen Seite und den knapp daran vorbei rauschenden Bach auf der anderen behaupten. Als sie der Schmiedekünstler Josef Eybl 1990 erwarb, war sie aber schon mehr eine Ruine als ein Schmuckstück. Der Sepp, wie er von allen genannt wird, erkannte dennoch das Potential der denkmalgeschützten Schaufelschmiede.

War schon der Kauf des Gebäudes eine abenteuerliche Angelegenheit, so erst recht die Renovierung. In mehrjähriger mühevoller Handarbeit machte der gelernte Schlosser, Maschinenbauer und Kunststofftechniker daraus das Hammerwerk Eybl. So mussten etwa morsche Balken des Dachstuhls ausgetauscht und die Eindeckung großflächig repariert werden. Für fehlende Türen und Fenster galt es, passenden Ersatz zu beschaffen und beschädigte Teile wieder instand zu setzen. Auch Wasser- und Stromleitungen sowie eine funktionelle Heizung mussten erst eingebaut werden. „Allein die Beseitigung des über viele Jahre angesammelten Gerümpels war eine Mordsaufgabe“ erzählt Sepp schmunzelnd und weist auf die zeitweilige Verwendung des Hauses als Zwischenlager für Kleidung und Hausrat einer Hilfsorganisation hin.

In der inspirierenden Umgebung dient es dem Metallkünstler heute als offenes Atelier für die handwerkliche Auseinandersetzung sowohl mit alten schmiedeeisernen Techniken als auch mit modernem Design. Regelmäßig veranstaltet Sepp Schmiedevorführungen, bei seinen Spezialkursen treffen sich Metallgestalter und interessierte Hobbyschmiede aus ganz Europa und auch für kulturelle Veranstaltungen wird die Schmiede gerne genutzt.

Hephaistos Reich
Wie es so dasteht mit seinem hellen Verputz und den roten Fenstern sieht man dem Hammerwerk von außen sein wahres Alter nicht an. Wäre da nicht die Nische über der Türe mit der Figur des Heiligen Florian und einige andere Details, die dem unbedarften Betrachter nicht gleich auffallen, so könnte man es glatt für ein frühes Fabriksgebäude halten. Durch die seitliche Türe betreten wir zunächst einen Vorraum mit einer gemütlichen Stube und gelangen dann in eine zweigeschoßige Halle, die eigentliche Schmiede. Hier wird der Eindruck von den großen Essen mit ihren dunklen Feuerstellen – davon gibt es sechs Stück –, den massiven Ambossen und Spindelpressen sowie den beiden mannshohen Schwanzhämmern, auf die der Sepp besonders stolz ist, beherrscht. Wie die anderen Ybbsitzer Schmieden versorgte früher auch hier das aufgestaute Wasser des Prollingbaches die Hämmer und Blasbälge mit Energie, heute tun das schwere Elektromotoren.

Bei längerem Hinsehen entdeckt man auch neuere Maschinen, wie die beiden Ajax-Federhämmer und wo man den Blick hinwendet, liegen, stehen und hängen Eisen- und Stahlobjekte, außerdem Materialien und Handwerkszeuge sonder Zahl. Die große Menge verschiedener Zangen – laut Sepp an die 400, jede eigens für einen speziellen Zweck handgeschmiedet – fällt dabei besonders auf. All dies und das schwache Tageslicht, das durch die kleinen Fenster hereinfällt, erzeugen zunächst eine etwas düstere Atmosphäre, die aber bald dem Gefühl von Kraft und Energie, welche vom Ort auf den Besucher abfärben, weicht. Hier ist der Hausherr ganz in seinem Element. Rußgeschwärzt und muskelbepackt, wie eine Figur aus Grimms Märchen, tritt er uns aus dem Halbdunkel entgegen. Hinter der „sagenhaften“ Erscheinung steckt ein freundlicher humorvoller Gastgeber, der uns sogleich Kaffee anbietet.

Mit dem Eisen reden können

Abgesehen von den Funktionweisen der Werkzeuge und Maschinen wollen wir auch wissen, welche Beziehung der Schmied zu seinem Material hat, denn aus laienhafter Sicht wird Eisen oft als kaltes, hartes und kantiges Material empfunden. Manche schreiben ihm daher nur wenig Eleganz und Charme zu. Solchen Vorurteilen widerspricht der Hephaistos von Ybbsitz entschieden. „Schon in der Antike schätzte man die enorm vielseitigen Eigenschaften des Eisens und die etruskischen Schmiede im heutigen Mittelitalien beherrschten die Kunst der Metallbearbeitung ganz vortrefflich. Einer meiner Lehrmeister, der „Schmiedepapst“ Professor Alfred Habermann brachte es mit dem obigen Satz auf den Punkt. Wenn man diesen Werkstoff richtig versteht, mit ihm reden kann, lässt er sich hervorragend verarbeiten und in nahezu jede Form bringen. Feine Einrichtungs-, Kunst- und Schmuckgegenstände können daraus ebenso gefertigt werden wie grobe Werzeuge, Maschinen oder einst Waffen. Der Gestaltungsvielfalt sind dabei kaum Grenzen gesetzt, es kommt eben auf das handwerkliche Können, die Phantasie und die Kreativität des Schmieds an.“

Schmieden in einer digitalen Welt
Ist das ein Widerspruch? Das rege Interesse an alten Handwerkstechniken und am Schmieden insbesondere zeigt, dass gerade heute, wo sich vieles im virtuellen Bereich abspielt, eine starke Anziehung von den archaischen Materialien und Techniken ausgeht. Sind die Essen in der Schmiede erstmal angeheizt, so raucht es, riecht es intensiv, zischend lodern Flammen empor und ein Funkenregen ergießt sich, wenn die Hämmer mit aller Kraft auf das glühende Eisen schlagen.
Diese direkte sinnliche Erfahrung ist es, warum Metall im Zeitalter der Kunststoffe und 3D-Drucker immer noch fasziniert. In diesem Sinne wurde „Schmieden in Ybbsitz“ sogar in die Liste des Immateriellen UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Authentische Werkstätten, zukunftsorientierte metallverarbeitende Betriebe, sowie das vielfältige Programm an Schmiedekursen im Eybl-Hammer und ringsum in der ganzen Region lassen Besucher und kreative Köpfe aus der ganzen Welt die Präsenz dieses Themas in allen Facetten spüren.

Bei wem jetzt die Lust an der kreativen Metallbearbeitung erwacht ist, der sollte z.B. einmal an einen Kurs für Damaszenerschmieden teilnehmen und sich an der Herstellung von einfachen Damaszenerklingen mit verschiedenen Mustern versuchen.
Bei aller Professionalität dürfen bei den Veranstaltungen und Kursen trotzdem die Geselligkeit und die Freude an der Metallbearbeitung nicht zu kurz kommen, findet Sepp Eybl. „A Gaudi muss a sein, sonst wär der Unterricht ja viel zu trocken und fad.“