Kulturhaus „Schüttkasten“ in Retz

vom Getreidespeicher zum Vereinshaus

DORNRÖSCHENSCHLAF | vom Getreidespeicher zum Vereinshaus

Nach langer Zeit der Nichtnutzung bekam der Schüttkasten in Retz eine neue Bestimmung. Früher hinter hohen Steinmauern vor der Außenwelt versteckt und vom Verfall bedroht präsentiert er sich Besuchern und Passanten nun in neuem Kleid und bietet Platz für diverse Veranstaltungen.

Vom Getreidespeicher zum Vereinshaus über Kino bis hin zum Jugendtreff – der ehemalige Schüttkasten in Retz kann mit einer vielfältigen Vergangenheit aufwarten. Als der Bedarf an Räumlichkeiten für jugendliche Zusammenkünfte nicht mehr gegeben war, blieb das Gebäude über Jahre hinweg ungenutzt und der bauliche Zustand verschlechterte sich zunehmend. Hinter den hohen Mauern verwilderten der Garten und das Gebäude der Liegenschaft gleichermaßen. Erst die finanziellen Mittel einer EU-Förderung konnten den denkmalgeschützten rund 320 Jahre alten Schüttkasten aus seinem Dornröschenschlaf wecken.

Raum für schöne Stunden
In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und begleitet von einem Restaurator wurde das um 1700 errichtete Gebäude mit viel Gefühl vom Architekturbüro Oberstaller & Sammer renoviert. Die ersten Studien umfassten eine Revitalisierung aller drei Geschoße inklusive Keller, doch bald war klar, dass dieses Konzept den Budgetrahmen sprengen würde, also konzentrierte man sich auf eine denkmalpflegerische Sanierung und Revitalisierung des Gebäudes und die bloße Sanierung der Erdgeschoßzone. Das gesamte Erdgeschoß mit seinem historischen Gewölbe sollte ein großer Veranstaltungsraum werden.
Dazu musste zu allererst die Eingangssituation verändert werden. Die alten Eingänge an der Schmalseite des Gebäudes, die noch aus der Zeit stammten als das Kino in Betrieb war, wurden stillgelegt. Ein Haupteingang an der schmalen Frontseite des Gebäudes und direkt an der Straße gelegen erschien als gefährlich und ungeeignet. Ein neuer, großzügiger Eingangsbereich sollte an der Längsseite des Gebäudes über den nach Südwesten ausgerichteten, neu errichteten Vorplatz erfolgen. Dazu erweiterten die Architekten drei der fünf Fensteröffnungen und führten sie bis zum Boden, wodurch auch mehr Tageslicht in den Raum strömen kann. Um das Erscheinungsbild der Fassade an der Straßenseite zu bewahren blieben die drei Kinotüren als Blindtüren erhalten, die Öffnungen dahinter wurden zugemauert. Eine Galerie als Mobiliar
Im Zuge der Neukonzipierung als Veranstaltungsraum waren im großen Raum im Erdgeschoß eine Ausschank und Sanitäranlagen einzuplanen. Die Architekten lösten diese Aufgabe in Form einer Galerie-Konstruktion, die sich in Material und Farbe bewusst vom historischen Bestand abhebt und wie ein eigenständiges Möbel wirkt, das in die alten Gewölbe „hineingeschoben“ wurde. Die Decke der Sekundärräume ist zugleich der Boden der Galerie, die bei Veranstaltungen einen zusätzlichen Raum bietet und unterschiedlich genutzt werden kann. „Die Tiefe des alten hohen Schüttkastens sollte spürbar bleiben, wir wollten auf keinen Fall Wände aufziehen, die bis zum Gewölbe hinaufragen. Die räumliche Wirkung war uns hier besonders wichtig! Alt und neu sind klar abgegrenzt und erkennbar, gleichzeitig bietet modern mit historisch ein sehr gutes Spannungsfeld,“ erklärt Christophe Oberstaller den Entwurf.

Musizieren, sich austauschen und wohlfühlen
Die Musikschule Retz ist Verwalterin des neuen Gebäudes, umso mehr musste auch die Akustik stimmen. Ein Akustikspritzguss aus Zellulose als Wandverputz erfüllt die Voraussetzungen ideal, seine raue Struktur passt nebenbei perfekt zu den historischen Gewölben.
Die neue Veranstaltungslocation im Schüttkasten kann man auch privat mieten, sie bietet – je nach Corona-Situation – Platz für bis zu 350 Personen. Am neugestalteten Vorplatz lädt die Natursteinmauer rund um eine frisch gepflanzte Silberlinde zum Sitzen ein. Diese ist ein Geschenk der Architekten, soll groß werden und Schatten spenden. Die Baumart wurde bewusst gewählt, erzählt Christophe Oberstaller: „Die Silberlinde wirkt allgemein beruhigend auf das vegetative Nervensystem, bei Anspannung und erhöhtem Stress. Wir würden uns wünschen, dass unter diesem Baum ein multikultureller Austausch stattfindet. Sicher kann man nicht sein ob es funktioniert, aber die Schritte dafür wären gesetzt!“

Der neue Veranstaltungsort „Kulturhaus Schüttkasten“ kann über die Musikschule Retz für private Festivitäten unter Tel.-Nr. +43 (0)2942 20 233 angemietet werden. Nähere Infos finden sich auch unter www.retz.gv.at/de/Kulturhaus_Schuettkasten

Eigentümer: Stadtgemeinde Retz

Planung: Oberstaller & Sammer Architekten