EIN DORF IM DORF und ein außergewöhnliches Museum

Den etwa 60 km nordöstliche von Wien gelegenen Weinviertler Ort Drasenhofen verbinden viele vor allem mit regelmäßigen Staumeldungen im Radio. Wir aber laden Sie ein, uns abseits von LKW-Schlangen auf eine Zeitreise durch eine illustre Vergangenheit zu begleiten.

EIN DORF IM DORF und ein außergewöhnliches Museum

Der Ausgangspunkt für unseren historischen Spaziergang durch das aus mittlerweile sechs Gebäuden bestehende Ensemble zwischen Kellerberg mit seiner malerischen Hintausgasse und der Ortstraße beginnt bei der Hausnummer „Drasenhofen 66“. Hier steht eine im regionaltypischen Stil eines Streckhofes errichtete Halle, durch welche Gäste und Besucher in das anschließende Museumsdörfl auf 3.200 m² Fläche gelangen.

Das Hauptgebäude und zugleich das jüngste Gebäude auf dem Gelände ist das so genannte Traktorium. Wie es schon der Name vermuten lässt, beherbergt es historische Traktoren, davon eine vollständige Erstserie von Steyr. Darüber hinaus sind auch andere namhafte österreichische Landmaschinenhersteller wie Warchalovski, Hofherr-Schranz und Lindner vertreten. Als besonderes Gustostückl für Kenner gibt’s auch einen Lands Bulldog-Ackerschlepper aus den1920er Jahren. Ergänzt wird die Traktorensammlung mit Motorrädern, Rollern und Fahrrädern. Ein weiterer Bestandteil des Museums ist eine große Anzahl von Blech- und Emailtafeln, Reklamebeleuchtungen, Zapfsäulen sowie Uniformen von Gendarmerie und Zollwache.

Rasten und einkehren
Überwältigt von den Details, betreten wir den großzügigen Garten, der mit einem imposanten Baumbestand und als Besonderheit mit einem Viele Millionen Jahre alten fossilen Baumstumpf aufwartet. Nun geht es an einem offenen Stadl vorbei, wo man auf Wunsch unter fachkundiger Anweisung selbst historische Stationärmotoren ankurbeln darf. Im Freigelände gibt es außerdem eine Sammlung von typischen landwirtschaftlichen Geräten für die Feldarbeit und den Weinbau, die um 1900 im Einsatz waren und liebevoll restauriert und konserviert wurden. In der ebenfalls hier befindlichen Dorfschmiede wird einmal im Monat landtechnisches Schmieden vorgeführt.

Den Abschluss des Geländes bildet die Hintausgasse. Ein Gebäude dort ist der Kellerbergstadl, in dem eine sehenswerte Moped- und Fahrradsammlung untergebracht ist. Von dort aus starten auch geführte Rundfahrten mit historischen Traktoranhängern oder zum Selbstfahren mit Oldtimertraktoren. Die Palette reicht dabei von kurzen Spritztouren, bis zu Tagesfahrten über die sanften Hügel des umliegenden Weinviertels mit seinen schönen Ausblicken und Landschaften.

Architekturdenkmal Herrenstadl
Auf einer topografischen Erhöhung, dem so genannten Kellerberg, entstand geschützt vor der Grundwassergefahr um 1698 der dominante Herrenstadl. Das imposante Gebäude wurde von der fürstlichen Herrschaft Trautson Poysbrunn-Falkenstein errichtet und vom jetzigen Eigentümer der Liegenschaft in seiner Originalität wiederhergestellt. Die Familie Trautson hatte in Drasenhofen Ackerflächen und so war es naheliegend, dass vor Ort ein Speicher gebaut wurde. Zwischen 1930 und 1960 wurde das Gebäude dann als Raiffeisenlagerhaus genutzt und befand sich anschließend in wechselndem Privatbesitz. Heute dient es ausschließlich musealen Zwecken zum Thema Landtechnik. Wobei die ältesten Maschinen noch aus der Habsburg Monarchie stammen. Raffinierte Bauweise
Der Herrenstadl ist ca. 20 m lang, 14 m breit und im Bereich der Einfahrt 19 m hoch. Die unterirdischen Räume wurden z.B. als Lebensmittellager für Feldfrüchte genutzt. Durch die mächtige Höhe war es möglich die Getreidegarben bis zur Mittelpfette zu lagern. Um das Getreide vor dem Schimmeln zu bewahren, wurde ein ausgeklügeltes Lüftungssystem eingebaut. Schlitze in der Fassade, die dann im Mauerwerk verzogen als Doppelschlitz im Inneren gemauert wurden, gewährleisten eine ständige Querlüftung im Stadl um die Feuchtigkeit nach außen abzuführen. Diese geniale Technik – außen einfacher, innen doppelter Schlitz – bewirkt, dass kein Vogel, der das Getreide verunreinigen könnte, in das Gebäudeinnere eindringen kann. Auch der Flugschnee im Winter wird weitgehend ferngehalten. Gemauert ist der Stadl aus dem ortsansässigen fossilen Kalkstein und beidseitig verputzt. Die Dachstuhlkonstruktion aus gehackten Eichenhölzern stammt vermutlich aus den fürstlichen Wäldern vor Ort. Eingedeckt war der Stadl mit keramischen Wiener Taschenziegel mit Fugenverstrich wobei Firste, Grate und Ochsenaugen im Mörtelbett verlegt waren.

Wie alles entstand
Bei einem Glaserl Grünen Veltliner erzählt Hannes Morocutti launig von den Anfangen seines Museumsdörfls bis zum heutigen Zustand. „Anfangs der 90er-Jahre haben wir nach einem Wochenenddomizil abseits der Großstadt gesucht. Durch ein Zeitungsinserat fanden wir dann nach Drasenhofen und erwarben zunächst ein altes Bauernhaus im Ortsteil Lerchenfeld. Dort entdeckte ich dann meine Leidenschaft für alte Traktoren und um diese unterzubringen mussten bald weitere Gebäude her.“ Der Zustand der historischen Bauten war dem Alter entsprechend und so artete, was ursprünglich als Entspannung neben dem Beruf gedacht war, in ordentliche Zusatzarbeit aus. Zum Glück konnte Morocutti als Bausachverständiger Vieles selbst machen, sonst wäre diese Aufgabe finanziell kaum zu bewältigen gewesen. „Den Herrenstadl habe ich im Winter 2006 erworben und hab‘ auch gleich mit dem Ausräumen begonnen. Dabei waren ca. 40 (!) Traktoranhänger voll altem Heu, Getreide und Strohreste zu entsorgen.“ Das angebaute Wohnhaus wurde abgebrochen um den Stadl, wie im franziszeischen Kataster von 1822 verzeichnet, wiederherzustellen. Damals und heute wieder thront er alleine, nur von niedrigen Presshäusern umgeben, auf dem Kellerberg. „Ich habe das Gebäude größtenteils in Eigenregie von 2007 bis 2011 saniert. Wichtig dabei war die Originalität der Bauweise beizubehalten um die Charakteristik des Gebäudes nicht zu zerstören. Etwa die Verputze aus naturhydraulischen Kalk, oder die Wand und Fassadenanstriche ebenfalls auf Kalkbasis. Die Dachstuhlkonstruktion ist im Originalzustand und lediglich verwitterte Sparren wurden durch neue ersetzt. Als Dacheindeckung kamen, wie ursprünglich, wieder keramische Dachziegel der Type „Wienertasche“ zum Einsatz. Alles in allem war es eine Heidenarbeit, schmutzig und anstrengend – aber es hat sich gelohnt“, erzählt Morocutti stolz.