Als die Brüder Gradner zusammen mit Franz Girardoni 1818 für die Errichtung einer Spinnwarenfabrik ein Grundstück neben der Triesting in Oberwaltersdorf kauften, hielt damit die Industrialisierung Einzug in den kleinen Ort nur 20 km von Wien entfernt.
Nach drei Jahren stand das Gebäude, in dem auf drei Geschoßen an die 200 Arbeiterinnen und Arbeiter an 27 Spinnmaschinen werkten. Nach baulicher Umgestaltung 1895 und wechselnden Eigentümerverhältnissen wurde die Fabrik zuletzt im Zweiten Weltkrieg für die Herstellung von Luftfahrtteilen genutzt. Dann fiel sie in einen Dornröschenschlaf, bis eines Tages ein vorbeikommender Radfahrer namens Richard Pfaffstaller auf das schöne Gebäude aufmerksam wurde.
Visionär
Ab dem Jahr 2000 begann Richard Pfaffstaller, der einst seine berufliche Laufbahn bei Philips Austria begonnen hatte, nach und nach das Areal von drei unterschiedlichen Eigentümern zusammenzukaufen und setzte erste bauliche Maßnahmen, um die Liegenschaft vor dem drohenden Verfall zu bewahren. Um solch ein umfangreiches Sanierungsprojekt überhaupt verwirklichen zu können, machte er sich auf die Suche nach passenden Partner und fand diese in Baumeister Ing. Michael Holzer und der Firma Prameshuber, mit welchen er die Alte Spinnerei Projektentwicklungs GmbH gründete. Somit konnte 2012 mit der Sanierung begonnen werden und aus einer denkmalgeschützten ehemaligen Industriebrache entstand ein Wohnquartier mit architektonisch ansprechenden Lofts und Penthousewohnungen in zentraler Lage mit guter Anbindung an die örtliche Infrastruktur. Heute ist das gesamte Gelände eines der wenigen nahezu im Originalzustand erhaltenen Industriedenkmäler in Niederösterreich. Der Blick aufs Ganze
Das Gesamtkonzept für die Revitalisierung des alten Ensembles umfasst neben den bereits vollständig bezogenen Wohnungen auch noch weitere unausgebaute Flächen, die geschäftlich genutzt werden könnten – zum Beispiel für Gastronomie oder Ateliers. Geeignet für außergewöhnliche Locations wären die beeindruckenden Räume jedenfalls. In der großen ehemaligen Kesselhalle steht noch das Schwungrad der alten Dampfmaschine, sechs Meter im Durchmesser, nebst Transmission. In den Wohnungen selbst findet man neben den schönen Sichtziegelwänden und den gegossenen Eisenstützen auch noch im Original erhaltene Blickfänge wie alte robuste Maschinendetails oder die Transmissionsräder, welche damals die Spinnereimaschinen angetrieben haben. Hier wird also nichts kaschiert, sondern der industrielle Charme unterstrichen: Wer hier wohnt, weiß sich in einer ehemaligen Fabrik. Mit einem großen Unterschied: Man ist im 21. Jahrhundert angekommen.
Die „Alte Spinnerei“ ist für sich genommen das, was das Industrieviertel im Ganzen darstellt – ein räumliches Ensemble im Strukturwandel, das heute einer neuen Nutzung entgegengeht und dabei zu seinem eigenen Denkmal wird.
Bauherr:
Alte Spinnerei Projektentwicklungs GmbH
Planung:
schwerKRAFT ZT GmbH, Arch. DI Mitter
Generalunternehmer:
Prameshuber & Partner GmbH, BM Ing. Michael Holzer