Atriumhaus in Unterolberndorf

Vierkanthof einmal anders

UMFASSEND | Vierkanthof einmal anders

Vor allem hell sollte es werden, sich harmonisch in die Bauweise der traditionellen Bauernhäuser des Ortes einfügen und möglichst uneinsehbar sein. Mehr Vorgaben für den Neubau gab es seitens der Bauherrschaft nicht. Entstanden ist ein Atrium, das alles hat und dabei noch viel mehr kann.

Es war einmal – ein alter Bauernhof! Vor rund 40 Jahren gab es an der Stelle des heutigen Gebäudes einen alten Hof mit Wirtschaftstrakt. Aufgrund des Verfalles entstand mit den Jahren entlang der Dorfstraße dort ein freies Grundstück, das die Eltern der jetzigen Besitzer erwarben. Zum Glück, wie die Architektin Gabriele Hochholdinger–Knauer meint, denn damit wurde vermieden, dass die Liegenschaft von einem Bauträger erworben und die vorhandene Bautypologie des Ortszentrums möglicherweise zerstört wird.

Privatsphäre vorrangig
2017 haben die neuen Besitzer das Planungsbüro Knauer Architekten mit der Planung eines Neubaus beauftragt. Seitens der Eigentümer gab es wenige Vorgaben, ein übliches Raumprogramm, helle Räume und Intimität waren gefragt – und ganz wichtig – auf keinen Fall ein Keller. „Ein Keller bedeutet nur Schlepperei über Stiegen, meistens lagert man hauptsächlich Gerümpel unten, das man sowieso nie wieder braucht“, erklärt das Eigentümerehepaar.

Die Architekten wollten sich im Maßstab an die vorhandene alte Typologie entlang der Dorfstraße anpassen, gleichzeitig sollten die Wohnräume nicht an der Straße liegen. Entlang dieser wurden nun Garage und Eingangsbereich positioniert und mit der Idee, die Kellerersatzräume ins Erdgeschoß zu verlegen, ergab sich die traditionelle L-Form als Basis. Das Wohnhaus in einstöckiger Bauweise wurde in den hinteren Bereich des Grundstücks verlagert, von außen nicht sichtbar und ohne das Ortsbild zu stören. Um dem Wunsch nach intimer Atmosphäre nachzukommen, hat das Architektenteam Eingangsbereich, Nebenräume und Garderobe ebenerdig Richtung Straße baulich vorgezogen und damit einen geschlossenen Atriumbereich geschaffen.

Stimmungsmacher Holz
Das Projekt ist ein Holzbau, Ziegelmauern gibt es lediglich als Brandmauern entlang der Nachbargrundstücke und an der Straße, wo Eingang und Garage liegen. Angelehnt an die bäuerliche Tradition: Straßenseitig ein stabiler Ziegelbau, im hinteren Bereich der Stadl (hier das Wohnhaus), meist aus Lärchenholz. Das „Stadlprinzip“ findet sich im Innenhof wieder, die nach innen gerichteten Wände der Lagerräume bestehen aus Holzlatten, auf Abstand montiert. Ihnen vorgelagert sind durchscheinende Doppelstegplatten, ist innen Licht eingeschaltet, entsteht eine stimmungsvolle indirekte Beleuchtung im Atrium.

Nicht zu klein, nicht zu groß
„Für uns müssen alle Räume in ihrer Gewichtung stimmig, ihre Relation ausgewogen sein. Wir möchten ein Gefühl der Kompaktheit bei gleichzeitiger Großzügigkeit vermitteln, egal wie groß die Nutzfläche eines Projektes ist“, erklärt die Architektin. So trennt und verbindet der offene Küchenbereich gleichzeitig den Wohnraum und den Essplatz, jeder Bereich hat, wenn man das will, seine Intimität. Will man sich im Freien aufhalten, sind die Gehwege gleich weit, egal ob auf die nach Süden ausgerichtete Terrasse oder in den schattigeren, geschützten Innenhof.

Alles im Blick
Die großzügigen Fensterflächen im Wohnraum sind so positioniert, dass man, egal wo man sich im Wohnbereich aufhält, über das Atrium zum Eingangsbereich sieht und gleichzeitig den Blick in den Garten hat. Im Gartenbereich sorgen die rechts und links entlang der Terrasse ein wenig vorgezogenen Ziegelmauern in Kombination mit der Pergola für Geborgenheit.
Die Stiege ins Obergeschoß von der Wand in den Raum zu verlegen, ergab einerseits die Möglichkeit, den darunter entstandenen Raum als Leseecke, Spielbereich für die Kinder uvm. zu nutzen, andererseits eine weitere Fensterfläche in den Innenhof zu schaffen. Der blaue Holzrahmen um das Fenster gibt dem Atrium eine gewisse Zentrierung, dem Betrachter erscheint dieses Zusammenspiel wie ein überdimensionales Bild, eine Art Gemälde, dessen Motive, je nachdem, was sich dahinter im Inneren gerade abspielt, laufend wechseln.

Eigentümer: Privat
Planung: Knauer Architekten ZT GmbH
Autorin: Susanne Haslinger
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenfotos: Christoph Bertos