Revitalisierung in Jagenbach

Dornröschen erwacht

Dornröschen erwacht – Revitalisierung in Jagenbach

Historische Bausubstanz stellt nach Jahrhunderten verschiedener Nutzungen, nach Adaptierungen, Verfall und Renovierungen immer dieselbe Frage: Was soll jetzt aus mir werden?

Die Antworten fallen unterschiedlich aus, so müssen viele Aspekte berücksichtigt werden – das Machbare, das Gewünschte, das Zweckmäßige, das Finanzierbare. In jeder Epoche fallen diese Antworten demnach anders aus. Heute ist man froh, wenn man so ein lebendiges Zeugnis früherer Baukultur mit angemessenen Materialien und Techniken bewahren kann. In diesem Fall erscheint das alte Häuschen ziemlich genau so wie damals, als es noch ein Neubau war.

Original am besten
Bei diesem feinen Stück überlieferten baulichen Erbes wurde das Äußere zumindest an der Schauseite originalgetreu wiederhergestellt. Im Innern wurde saniert und zur Herstellung einer heute zeitgemäßen Wohnnutzung umgebaut. Ein kleiner Zubau nach Süden erweitert den Wohnbereich, ohne das straßenseitige Gebäudebild zu stören. Um das Haus trockenzulegen, wurde die gartenseitige Außenwand abgegraben und freigelegt, sowie in etwa fünf Meter Abstand zu dieser der ansteigende Hang mittels einer Schwerlast Stützmauer aus wiederverwendeten Granitsteinen gesichert und drainagiert. Im Hof wurde ein Windfang in Holz Pfosten-Riegelbauweise mit großzügiger Glasfläche als neuer Haupteingang zugebaut. Dieser ermöglicht das „Sitzen im Garten“ zu jeder Jahreszeit. Auch bringen die Glasflächen in den Wintermonaten die Sonne und somit die natürliche Wärme in das Haus. Die Dachkonstruktion wurde wieder mit Holzschindeln gedeckt.

Erhaltenswertes bewahren
Die bestehenden Fenster und die Haupteingangstür an der Ostseite wurden weitgehend dem historischen Originalzustand angeglichen. Die Eingangstür, die vorhandenen Beschläge und Teile der mundgeblasenen Fensterscheiben wurden wiederverwendet. Die Fensterstöcke der historischen Doppelfenster an der Ostfassade blieben erhalten. Ebenso wurden die Innentüren samt den historischen Beschlägen saniert. Neue Gebäudeöffnungen wurden mit neuen Fenstern und Türen versehen, um den umschließenden Garten mit einzubeziehen.

Die Decke zum Dachboden wurde wärmegedämmt, außen an der historischen Ostfassade ein Putz mit regionalem Sand und Sumpfkalk als Bindemittel angebracht und innen eine Wandheizung eingebaut. Die anderen Wände wurden teils außen gedämmt, der Fußboden abgegraben und zur Verbesserung des U-Werts und zur Trockenhaltung der Wände mit Glasschaumschotter unterfüllt. Geheizt wird nun mit nachwachsenden Holzpellets, wofür ein Edelstahlkamin errichtet wurde. Der bestehende Brotbackofen mit einem Innendurchmesser von 1,6 Metern in der Mitte des Hauses wurde erhalten und saniert. Die historische Ostfassade
Solche Dinge sind die Zugeständnisse an unsere Zeit und ihre Standards hinsichtlich Wohnqualität, Sicherheit und Effizienz. Gestalterisch ist aber sicher die Wiederherstellung der Ostfassade und damit die Bewahrung des historischen Erscheinungsbilds dieses Hauses am spannendsten. Aufbauend auf eine Befundung entschieden sich die Bauherren wieder für eine reine Kalkputzfassade in traditioneller Handwerkstechnik hergestellt. Von den markanten Dekorationselementen wurden Schablonen genommen. Die Ostfassade wurde in Zusammenarbeit mit einem Restaurator aufgeputzt. Der Feinputz wurde mit einer Bürste aufgetragen. Entsprechend der Fresko Technik wurde Nass-in-Nass gearbeitet, somit war die Fassade einfach und zügig hergestellt.

Wegnahme von Bausubstanz
Genutzt wurde dieses Haus schon seit jeher für Wohnzwecke. Ein urkundlicher Beleg über die Existenz des Gehöfts stammt aus dem Jahr 1795. Mit den Nebengebäuden bildet das Objekt eine Hofanlage, früher mit Tierhaltung. Aufgrund des Strukturwandels im ländlichen Raum entfallen frühere Nutzungszwecke. Historisch einfach erscheinende Bausubstanz wird heute oftmals unbedacht abgebrochen oder bis zur Unkenntlichkeit abgeändert. Als Teil der anonymen bäuerlichen Architektur prägen diese Häuser unsere Kulturlandschaft, erzählen von vergangenen Zeiten und sind untrennbar mit seinem Ort und seiner Geschichte verbunden. Änderung und Adaptierungen waren an historischen Beständen immer üblich. Umbauten machten die Nutzung von Gebäuden über Generationen hinweg überhaupt erst möglich. Durch die tendenzielle Verringerung dieser Zeitzeugen kommt der Erhaltung der noch verbliebenen Gebäude und Strukturen ein höherer Stellenwert zu.

In Groß Schönau kann man eines dieser selten gewordenen alten Häuser sehen und erleben, die über Jahrhunderte den lokalen Baustil geprägt haben. Seine Erscheinung ist unprätentiös. Aber es steht selbstbewusst für eine Art des Bauens, bei der Ortsbildpflege nicht erst gefordert werden muss, sondern sich ganz von selbst ergibt. Und damit ist es eines jener seltenen Beispiele für den achtsamen Umgang mit einem Bauerbe, dessen noch verbliebene Reste auch für zukünftige Generationen bewahrt werden sollten.
Die Bauherren haben sich nach reichlicher Überlegung für die Erhaltung dieses Objektes an diesem Standort entschieden. Ziel war und ist die möglichst authentische Erhaltung. Als bemerkenswerter und inzwischen rar gewordener Bestandteil der Waldviertler Bautradition ist das Gehöft ein erhaltenswertes Bauwerk – wie es auch das Denkmalamt vor dem Umbau attestierte. Die Beurteilung der Denkmalbehörde umzusetzen war für uns selbstverständlich, resümieren die Hausbesitzer abschließend.

Eigentümer: DI Elisabeth Schrenk und DI (FH) Rainhard Maierhofer

Planung: Architekt DI Dieter Helm