Der Herr der Herrgottsbilder

In Niedersulz wurde ein Pfarrhof renoviert und beherbergt nun sakrale Kunst

Der Herr der Herrgottsbilder

Man braucht nicht besonders religiös zu sein, um von der starken Ausdruckskraft religiöser Kunst angesprochen zu werden. Das kann man in Niedersulz bei Mistelbach besonders gut feststellen – dort hat der leidenschaftliche Sammler Prof. Josef Geissler ein Privatmuseum aufgebaut.

Der Sammler

Menschen von seinem Schlage gibt es kaum noch. Im Maleranzug mit weißem Stoffhut, als wäre er ein Arbeiter, führt er die Besucher durch seine Sammlung und spricht dabei über die Exponate. Sachkundig und engagiert weist er auf wichtige Details hin, spannt die ganz großen kulturgeschichtlichen Bögen und wirft eine regionale Zuordnung mal eben so in den Raum. Die Besucher kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Besonders erstaunlich ist dabei, daß alles mehr oder weniger auf die verbissene Sammelleidenschaft dieses einen Mannes zurückgeht, dem es schon in Jugendjahren die Kirchen angetan hatten. Während seine Freunde im Freibad Ribiselwein tranken, radelte er die Gotteshäuser ab – aus Kunstinteresse. Später etablierte er sich in der Baudenkmalpflege.

Sein Steckenpferd, das weithin bekannte Museumsdorf  Niedersulz, wurde eines Tages vom Land übernommen, die sakrale Sammlung blieb sein Eigentum. Als er dafür eine passende Heimstatt suchte, erwies sich der alte Pfarrhof als perfekter Ort.

Das Gebäude

Der Pfarrhof blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, so waren unter anderem die Kardinäle Innitzer und König sowie mehrere Äbte des Stiftes Heiligenkreuz zu Gast. Zu Pfingsten 1983 besuchte Ihre kaiserliche Majestät Zita Maria delle Grazie von Bourbon-Parma den Südmährerhof in Niedersulz, pflanzte eine Linde und speiste im Prälatenzimmer. Bis 1986 war der Pfarrhof bewohnt. Im Jahre 1990 erneuerte man sein Dach, danach stand das Gebäude leer, sein Zustand verschlechterte sich. Als Prof. Josef Geissler für seine Sammlung einen geeigneten Aufstellungsort suchte, lag eine Nutzung des Anwesens nahe. Dafür wurde eine finanzielle Unterstützung der Erzdiözese Wien, der Pfarre und Gemeinde Sulz sowie des Landes Niederösterreich und des Bundesdenkmalamts bereitgestellt. Prof. Josef Geissler und viele Helfer stellten kostenlos unzählige Arbeitsstunden zur Verfügung, auch einige Firmen halfen sogar mit. Die Renovierung dauerte von 2011 bis 2013.

Die Renovierung

Der Pfarrhof ist symbolisch gemietet, er ist aus Kirchenhand. Prof. Josef Geissler, der das Niedersulzer Museumsdorf im Grunde mit den eigenen Händen errichtet hat, krempelte auch hier die Ärmel hoch. In Eigenleistung wurde aus dem ermüdeten Anwesen ein Ortsjuwel.

Die Pfarrgemeinde stellte es für zwanzig Jahre praktisch unentgeltlich zur Verfügung, Prof. Josef Geissler übernahm dafür die Instandsetzung. Das Pfarrhaus und eine Mauer wurden fachkundig saniert, der Schuppen in traditioneller Weise neu errichtet. Alle Maßnahmen wurden mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt. Der pastellgrüne Außenanstrich entspricht dem historischen Originalzustand.

Was dabei erhalten werden konnte, blieb an seinem Platz, so beispielsweise die beeindruckenden Steinplatten als Bodenbelag. Vier Räume werden durch die Pfarrgemeinde genutzt, hier befinden sich einige Möbel, josephinisch und jünger.

Die Sammlung

Die im Pfarrhof enthaltene Sammlung mit künstlerischen und kunsthandwerklichen Stücken aus mehreren Jahrhunderten braucht sich auch im internationalen Vergleich nicht zu verstecken. In zehn Räumen und dem benachbarten großen Schuppen befindet sich die umfangreiche Sammlung. Tabernakel, Reliquiare, Heiligenbilder, Kruzifixe und Altäre wechseln sich mit Andachtsbildchen, Rosenkränzen, Klosterarbeiten und Weihnachtskrippen ab. Die Exponate sind weitgehend nach Sachgruppen geordnet, darunter finden sich beeindruckende Glanzstücke ebenso wie unauffällige kleine Andachtsobjekte.

Der Verein

Die Sammlung ist kein Museum, der dahinterstehende Verein könnte die Auflagen für Museen nicht erfüllen. Es handelt sich um eine Schausammlung, die man nach Anmeldung besichtigen kann. Öffentliche Förderungen wurden lediglich für die Instandsetzung des Gebäudes in Anspruch genommen, den laufenden Betrieb bestreitet man ehrenamtlich.

Durch die künftige Zusammenarbeit mit der Verwaltung des Museumsdorfs, werden die dortigen Besucher auf die interessante Geissler-Sammlung aufmerksam gemacht.

Verein Sakrale Kultur Pfarrhof Herrenhaus, Obmann Manfred Linhart, 2224 Niedersulz 106, Telefon +43 699 12922055. Auch die Umgebung bietet viele Ausflugsmöglichkeiten: Liechtensteinschloß Wilfersdorf, Schloßmuseum Loosdorf, Staatzer Berg, Ruine Falkenstein, Eisenbahnmuseum „Das Heizhaus“ in Straßhof.

Bauherr: Pfarre Niedersulz

Planung: Verein Sakrale Kultur im Pfarrhof Herrenhaus