Unbewusst einem Wohntrend folgend entschlossen wir 2013 als damals unabhängiges Paar, unserem gemeinsamen Leben eine neue Richtung zu geben und von Wien aufs Land zu ziehen. Über den Speckgürtel hinaus sollte es gehen und dennoch durch die S-Bahn direkt an die Stadt angebunden sein.
Die Wahl fiel schnell auf das beschauliche Niederkreuzstetten im Weinviertel, zumal die Auswahl an erschwinglichen Grundstücken in der Gegend nicht allzu groß war. Der Entschluss, ein neues Haus auf einem auf den ersten Blick nicht einladenden Hanggrundstück zu bauen, stand fest, das zeichnende Architekturbüro war ohne Umschweife gefunden und so stürzten wir uns als Laien ins Abenteuer Bauaufsicht – Der Mensch wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.
Ein perfekter Grundriss
Rigoros berücksichtigte Architekt Gernot Hertl unseren Wunsch nach kostengünstigem, kompaktem Bauen und so wurde tatsächlich kein Quadratzentimeter verschenkt. Es gibt in unserem Haus keine Gangflächen, wie man an der Platzierung der Küche erkennen kann. Die selbständige Tätigkeit meines Mannes als Steuerberater verlangte einen separierten Arbeitsbereich, der die Privatsphäre der Familie nicht stört. Und so bot es sich an, die externen Bereiche – besagtes Büro und ein Gästezimmer mit integrierter Nasszelle – im Untergeschoss unterzubringen. In Ermangelung eines Kellers bietet das Haus Platz für Stauraum in Form von vier kleinen Lagerräumen.
Wohnen auf einer Ebene
Der Wohnraum in seiner Auffassung als Gemeinschaftsraum fällt großzügig aus, die Größe der Schlafräume hingegen ist auf ein Minimum reduziert, woraus sich eine dichte Wohnatmosphäre ergibt. Im Zentrum des Hauses steht ein großer Betonblock, der als Stiegenhaus, Raumteiler im großen Wohnraum, Küchenrückwand und Regalnische gleichermaßen dient. Von der rückwärtigen Terrasse aus kann man durch den Wohnraum hindurch über die Loggia in die Ferne blicken. Der ungehinderte Landschaftsblick durch die große nach Westen ausgerichtete Fensterfront ist prägend für das Lebensgefühl in unserem Haus und erinnert an ein gerahmtes Gemälde, das sich jeden Tag ändert und den Wandel der Jahreszeiten intensiv erlebbar macht.
Einfache Lösungen
Die Raumgestaltung lebt von einem geradlinigen Material- und Farbmix. Für das gesamte Haus fiel die Wahl des Bodenbelags auf die denkbar günstigste Lösung, einen Sichtestrich. Der ausgetrocknete, rohe Estrich wurde lediglich angeschliffen und erhielt durch die Beschichtung mit farblosem Epoxidharz einen mit vielen Farben harmonierenden Braunton. Der Anschliff legt die Struktur der Sandmischung frei und so trägt das Ergebnis immer eine individuelle Note. Insgesamt übt sich das Gebäude nicht zuletzt durch die Farbwahl der Fassade in moderner Zurückhaltung und fügt sich optisch ideal in die lehmige Bodenbeschaffenheit der Weinviertler Landschaft ein. Die Innenstiege wurde in Eigenleistung mit einer Spachtelmasse auf Zementbasis beschichtet. Auch das Beleuchtungskonzept ist bemerkenswert simpel. An die 60 Leuchtstoffröhren entweder einzeln oder als Bänder angeordnet sorgen für ein überraschend behagliches Licht. Dies alles sind Beispiele, wie aus Nöten Tugenden gemacht wurden. Und da das Bauen trotz guter Kalkulation bekanntermaßen immer mehr Geld verschlingt als geplant, wartet neben dem Haus immer noch eine Bodenplatte auf ihren Carport.
Eigentümer: Privat
Planung: Hertl.architekten