Er war zu klein für die große Nachfrage, der Kindergarten in Würmla. Man benötigte Platz für eine dritte Gruppe, einen größeren Bewegungsraum und Personalräume.
Der Altbestand war nicht mehr zeitgemäß ausgestattet und eine Renovierung unumgänglich. Der Kindergarten ist ein Fertigteilbau aus 1978 – im Jahre 1988 wurde er aus Platzgründen um Räumlichkeiten für eine zweite Kindergruppe erweitert – und gehört damit zu den klassischen Bauten, bei denen, wenn gravierende Sanierungen oder Erweiterungen anstehen, rasch auf Abriss und Neubau an anderer Stelle plädiert wird.
Aus alt mach neu
Den Architekten Wolfgang Thanel und Christian Pichler gelang es, mit ihrem Entwurf, der die Beibehaltung des Altbestands vorsah, zu überzeugen und aus der bestehenden Raumkonfiguration eine moderne zu machen, ohne dass der Bestand weichen musste. Das Konzept sah vor, die Grünflächen, die es gab, unbedingt beizubehalten, alle Gruppenräume dorthin zu orientieren und damit jeder Gruppe individuelle Zugänge ins Freie zu ermöglichen. „Der benötigte Zubau war unter diesen Umständen nur nach Westen möglich und eine große Herausforderung, denn das Grundstück grenzt dort an Grünland. Wir mussten im Widmungsbereich bleiben und konnten uns nicht beliebig ausbreiten“, so Thanel. Geht man durch die Räumlichkeiten mit den großen Fensterfronten, lässt sich nur subtil erkennen, was an dem Gebäude alt und was neu ist. Es wirkt großzügig, schlüssig und harmonisch, von wechselseitigen Pultdächern bedeckt fügen sich Bestand und die baulichen Erweiterungen logisch ins Gesamtbild ein. Zudem punktet es mit einer hohen Funktionalität. Die Gruppenräume sind gleichwertig gelöst, jeder Gruppenraum hat eine eigene Terrasse und im Zuge des Umbaus entstand ein neuer Innenhof vor dem „Kinderbistro“. Neu dazugekommen ist der großzügige Spielplatz, der nun direkt an den Zubau anschließt und damit in der Widmung Grünland liegt. Auch die Gemeinde zieht positiv Bilanz: „Es war uns sehr wichtig, den Standort zu erhalten, weil er im Grünen, aber dabei gleichzeitig zentral im Ort liegt und damit gut erreichbar ist. Der Architekt hat aus einem alten Bau einen fortschrittlichen gemacht, der den modernsten Ansprüchen gerecht wird“ erklärt Bürgermeister Johannes Diemt. Fokus auf moderne Nachhaltigkeit
„Ich bin überzeugt, dass dieses Konzept eine nachhaltige Lösung darstellt, die zeigt, dass man Altbestand modern adaptieren kann. Die Grundsubstanz von Gebäuden aus den 70er Jahren ist teilweise viel leichter zu verbessern als jene von Häusern, die 100 Jahre älter sind“, erklärt der Architekt, und möchte damit auch der heutigen „Wegwerfgesellschaft“ ein Gegenzeichen setzen. Das architektonische Konzept funktioniere auch im alltäglichen Kindergartenbetrieb einwandfrei, freut sich die Leiterin der Institution. „Die Idee der Zentralgarderobe war gänzlich neu, aber durchaus überzeugend und überaus alltagstauglich. In den Garderobenzeilen, die bis Schulterhöhe verbaut und oben offen sind, werden die Kinder beim Umziehen nicht abgelenkt, gleichzeitig haben aber die Eltern ungestört die Möglichkeit zur Kommunikation“, erklärt sie.
Raum für Entfaltung wie auch Geborgenheit
Bei der Einrichtung wurde darauf geachtet, dass sie kindergerecht ist und viel Freiraum für Kreativität zulässt. Farben sind nur dort eingesetzt, wo sie zur Gruppenorientierung dienen, ansonsten vermitteln naturbelassene Birkensperrholzmöbel freundliche Geborgenheit, aber auch eine gewisse Neutralität. „Die Kinder sollten Raum zur Entfaltung bekommen und nicht in vorgegebene Bahnen gelenkt werden,“ begründet Wolfgang Thanel seine Entscheidung. An diesen Grundsatz hält sich auch das Kindergartenteam im pädagogischen Alltag gerne: „Wir haben unsere Dekorationen sehr reduziert und versuchen auch die Fenster frei zu halten. Nur zu Weihnachten gibt es im Fenster am Eingang einen Adventkalender. Wir wollen eine Offenheit erhalten – weil es zur schönen Architektur besser passt!“
Bauherr: Marktgemeinde Würmla
Planung: Thanel Architektur | DI Wolfgang Thanel
und Architekt DI Christian Anton Pichler