Freigelegte Baukultur

Gelungene Revitalisierung in Baden

Freigelegte Baukultur

Gelungene Revitalisierung in Baden. Die Möglichkeiten eines Hauses zu erkennen, ist vielleicht die folgenreichste Leistung eines Bauherrn. In Badens Stadtkern stand ein Haus vier Jahre lang leer. Zuletzt hatten hochbetagte Leute darin gewohnt und ein Textilgeschäft betrieben. Nach und nach hatten sie den Wohnbereich ausgebaut – mehr schlecht als recht.

Die beiden waren Teil einer langen Besitzerreihe, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Dementsprechend besteht das Haus aus Teilen verschiedenen Alters, hier finden sich Reste aus Renaissance, Barock und späteren Zeiten, letzte Änderungen stammen aus dem 20. Jahrhundert.

Ein Baujuwel in bester Nachbarschaft

Die wechselvolle Geschichte trennte dieses Haus schon im 16. Jahrhundert vom Nachbarhaus ab, das später einmal Beethoven als Wohnhaus dienen sollte. Auf der anderen Seite wurde im 19. Jahrhundert ein Haus abgetragen, um Platz für das neue Rathaus zu schaffen. Dabei wurde auch hier wieder etwas an der Substanz verändert. So viel zur Vorgeschichte des Hauses Rathausgasse Nr. 8, das von seinem neuen Besitzer Friedrich Neubauer im besten Sinne revitalisiert wurde. Parallel dazu renovierte die Stadt Baden das benachbarte Beethovenhaus, in dem sich ein Museum befindet. „Das ist auch außen ein sehr schönes Ensemble geworden“, meint Friedrich Neubauer, der neue Besitzer.

Betonte Rückkehr zum Wesentlichen

Er hat dieses Haus im Herbst 2012 gekauft. Im Frühjahr 2013 wurde mit der Erforschung der Bausubstanz begonnen und ein Sanierungskonzept entwickelt. Die Umbauzeit betrug etwas mehr als ein Jahr. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen: In starker Rückbesinnung auf die ursprüngliche Anlage und Nutzungsweise wurden die früheren Grundschnitte im Obergeschoss wiederhergestellt.

Die veralteten, weder beachtenswerten noch zukunftstauglichen Installationen hat man erneuert. Manches wurde vom Bundesdenkmalamt nicht genehmigt, etwa der Ausbau des Dachstuhls sowie der Einbau eines Lifts. Es war schnell klar, dass das Haus viele Umbauten hinter sich hat. Dabei wurde das Niveau im Erdgeschoss stark verändert. Dort wurde ein überwölbter Raum erhalten, der vielleicht schon früher als Geschäftsraum gedient hat – so ist es auch heute noch. Schwerpunkte setzten

Nur die großen Bogenöffnungen zur Straße hin, entstanden im 20. Jahrhundert, wurden nicht zurückgebaut. Allerdings machten sie statische Sanierungen erforderlich. Erhalten wurde auch die außen angesetzte Treppe für die größere Wohnung im Obergeschoss, ein hübsches Stilelement aus früherer Zeit, wie auch die straßenseitigen Fenster des Obergeschoßes, die lediglich saniert und gestrichen wurden. Dekorationen, die bei der Untersuchung der Fassade gefunden wurden, konnte man wiederherstellen, nämlich die Einfassung des Torbogens und die Eckdekoration an der Seite zum Rathaus. Der Fassadenputz wurde ausgebessert und gemäß dem historischen Befund mit weißer und grauer Kalkfarbe gestrichen.

Ständig im Wandel

Besonders spannend ist an diesem Projekt die wechselvolle Geschichte, die dieses Haus erlebt hat und die zumindest teilweise von der Bauforscherin Dr. Marina Kaltenegger frei gelegt und dokumentiert werden konnte. Deren Bericht ist spannend, denn er lässt die Besitzer- und Stadtgeschichte wie ein Diorama vorüberlaufen und macht deutlich, dass ein altes Haus immer auch die Summe seiner Erlebnisse ist. Sei es, dass das Haus beim Stadtbrand von 1814 in Mitleidenschaft gezogen oder durch den Rathausbau von 1893 verändert wurde. Die Besitzer haben es früher wie heute adaptiert und ihren Wünschen angepasst. Einen originalen Ursprungszustand kann es also kaum geben, stets ist die Renovierung ein Kompromiss aus verschiedenen historischen Phasen und den Ansprüchen der heutigen Besitzer. Vorbildlich gelingt das dann, wenn die wertvollen und wesentlichen historischen Eigenschaften maßvoll wieder in den Vordergrund gerückt werden.

Verändert hat sich aber doch einiges, vor allem wird die große Wohnung heute als Büro genutzt, in die Räumlichkeiten im Erdgeschoss ist ein Kleidergeschäft eingezogen und im jetzt zugänglichen Innenhof befindet sich ein Flohmarkt. Das sichtlich verlebte alte Gemäuer wurde durch diese geschickte Sanierung in ein Juwel verwandelt, das seiner direkten Nachbarschaft zum Beethovenhaus alle Ehre macht.

Bauherr: Mag. Friedrich Neubauer

Planung: Lindner Architektur ZT GmbH, Baden