Geförderter Wohnbau in Horn

Neues Leben hinter alten Mauern

NEUES LEBEN HINTER ALTEN MAUERN | Geförderter Wohnbau in Horn

Das in Horn ansässige Architekturbüro Litschauer zeigt, wie sich ein altes, leer stehendes Gasthaus in ein Wohnhaus verwandeln lässt. Ein stilsicherer Umgang mit Alt und Neu, der überzeugt und wo die Erdgeschoßzone mit öffentlichen Nutzungen wiederbelebt wurde. Eine wichtige Rolle spielte dabei die gute Zusammenarbeit zwischen Architekt, Gemeinde und Bauträger. Stallungen.

Die Altstadt Horn im östlichen Waldviertel ist von einer historischen sowie weitgehend erhaltenen Stadtmauer umgeben. Für diese Gegend eine Rarität, da vielerorts derartige Strukturen mit der Auflösung der Stadtgrenzen verloren gegangen sind. In Horn wurden Teile der Befestigungsstruktur sogar in die innerstädtische Verbauung integriert. Eine Ausnahme bildet die unverbaute Nordseite, die der Robert-Hamerling-Straße zugewandt ist. Hier lässt sich die historische Stadtmauer besonders gut betrachten, und noch besser vom erst kürzlich umgebauten Wohnhaus aus.

Schichten an Geschichte
Das um 1850 errichtete Gebäude befindet sich in zentraler Lage an der Robert-Hamerling-Straße in Horn. Dieser gerade Straßenzug verläuft anstelle des nördlichen Stadtgrabens. Vorwiegend 2-3 geschoßige späthistoristische Bauten prägen den Straßenverlauf, die wie aufgefädelt an der „Horner Ringstraße“ stehen. Eines dieser Gebäude ist das wohlbekannte „Ibesich-Haus“, benannt nach der gleichnamigen Familie. Dieses wurde, ebenso wie der Zwillingsbau auf der gegenüberliegenden Straßenseite, im Stil des Biedermeier errichtet. Lange wurde es als Gasthaus geführt. Im ersten Obergeschoß wurde zudem ein Gästebereich für Zimmervermietung eingerichtet. Anschließend wurde das Postamt im Gebäude untergebracht, bis auch dieses 1981 schloss. Seitdem stand das Gebäude leer. Zwischenzeitlich gab es Versuche, das Haus für den Kulturbereich zu öffnen. Diese blieben jedoch erfolglos. Als das Gebäude anschließend zum Verkauf stand, griff die Stadtgemeinde Horn, mit dem Anspruch das alte Haus mit neuem Leben zu füllen, ein. Es folgten notwendige Vorarbeiten, die zur Rahmendefinition der „Neubelebung“ führten. 2021 wurde schließlich die mittlerweile stark renovierungsbedürftige Liegenschaft von der Gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Kamptal Horn erworben die zugleich als Bauträger agierte. Mithilfe finanzieller Mittel der Sanierungs-Förderung des Landes NÖ konnte das Projekt dann umgesetzt werden.

Erhaltung des Straßenzuges
Die Herausforderung war, einen sensiblen Umgang mit dem Bestand zu finden. Dabei sollte das äußere Erscheinungsbild des Hauses samt Gründerzeitfassade bewahrt werden. Der straßenseitige Eingang ist mittig positioniert und wird mit zwei Säulen und einem Dreiecksgiebel hervorgehoben. Zusätzlich wurde an der oberen Ecke aufgrund der Nutzungsänderung ein weiterer Zugang geschaffen. Ursprünglich war die Straßenfassade in neun Fensterachsen gegliedert. Aufgrund einer Umgestaltung in den 1950er Jahren wurden die Erdgeschoßfenster vergrößert, weshalb die Symmetrie der Fassade heute nicht mehr vollständig vorhanden ist. Dennoch wurden alle Fenster mit Faschen gerahmt, die im 1. Obergeschoß zusätzlich mit Fenstergesimsen ausgestattet sind. Auch das Walmdach wurde in Form und Proportion beibehalten, musste aber aufgrund des schlechten Zustandes durch ein neues ersetzt werden. Um das ursprüngliche Bild der Fassade nicht zu verändern, wurden keine neuen Öffnungen hinzugefügt. Lediglich im Dach wurden Dachflächenfenster angebracht, da dieses im Zuge der Sanierung ausgebaut wurde.

Neue Nutzungen
Die zuvor leer stehenden Flächen wurden erfolgreich mit neuen Nutzungen versehen. Im Erdgeschoß wurden eine Tierarztpraxis sowie die Ordination eines Gynäkologen untergebracht, im 1. Obergeschoß befindet sich eine große Zahnarztpraxis. Die Ärzte waren von Beginn an in den Planungsprozess involviert und zeigten große Bereitschaft sich mit dem Bestand auseinanderzusetzen. Zudem konnten insgesamt vier Wohneinheiten geschaffen werden. Ein barrierefreier Zugang wurde durch einen Nebeneingang an der Hinterseite des Gebäudes samt Liftzubau ermöglicht. Das alte Treppenhaus samt Granitblockstufen blieb erhalten. Der imposante Gewölbekeller, einst Lagerfläche des Gasthauses, wurde abgegraben und dadurch wieder nutzbar gemacht. Großformatige Fensteröffnungen bieten nicht nur einen freien Blick auf die historische Altstadt sowie die Stadtmauer, sondern holen auch das Tageslicht in die Innenräume.

Trotz zahlreicher Besitzerwechsel und verschiedener Nutzungen, die einige Umbauten zur Folge hatten, ist es dem Architekten, der Gemeinde und dem Bauträger gemeinsam gelungen, ein stimmiges Ganzes zu schaffen. Eine Kombination, bei welcher der äußere Charme des alten Gemäuers erhalten blieb und der zeitgemäße Komfort im Inneren nicht zu kurz kam.

Eigentümer: Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Kamptal GmbH
Planung: Architekt Litschauer ZT GmbH
Autorin: Barbara Reiberger
Fotos: Christoph Schubert