BURG RASTENBERG

Mittelalterliche Festung und Ort der Kraft
Burg Rastenberg (c) Nadja Meister IMG 7115
Burg Rastenberg (c) Nadja Meister IMG 8123

BURG RASTENBERG

Mittelalterliche Festung und Ort der Kraft

Im Umland der von Sommergästen gerne besuchten Kamptalstauseen liegt – etwa 12 km von Zwettl entfernt – die kleine Ortschaft Rastenberg mit ihrer gleichnamigen Feste. Diese imposante, hoch von einem Granitkegel aufragende Burg am Purzelkamp*, ist eines der am besten erhaltenen romanischen Baudenkmäler Österreichs.

(* das Erkennen der Besonderheit einer Landschaft   und energetisch guter Plätze)

Am ersten, dem äußeren Hof der Burg vorgelagerten, Tor des heutigen Vorschlosses, empfängt uns der Burgherr Dipl. Kfm. Dorian Thurn-Valsassina. Einleitend erzählt er, dass dieser Teil der Anlage bis ins 19. Jhd. die Wirtschaftsgebäude umfasste, die mit der Burg baulich verbunden waren. Deren Funktion wurde danach vom fußläufig entfernten Meierhof übernommen und der Hof zu einer Parkanlage umgestaltet. Sodann erläutert er den außergewöhnlichen Erhaltungszustand der Burg: „Einzigartig für Rastenberg sind die aus der Gründungsphase um 1200 vollständig erhaltenen in Bruchsteinbau errichteten romanischen Einheiten wie Bergfried, Palas und Kapelle. Zum einen wurde die Burg trotz vieler Anfechtungen, z.B. durch die Slawen, Hussiten und Schweden nie zerstört und zum anderen war sie in ihrer mehr als 800 Jahre andauernden Geschichte fast durchgehend bewohnt, beziehungsweise als Herrschaftssitz bewirtschaftet. Und im Gegensatz zu den bekannten Nachbarburgen Lichtenfels (heute eine malerische am Stausee gelegene Ruine, ebenso im Eigentum der Familie) und Ottenstein, ist sie bis heute privater Wohnsitz geblieben. Gerade diese Tatsache hebt sie aber unter ähnlichen Bauwerken hervor, denn es gibt in Niederösterreich nur wenige Höhenburgen, deren Besitzer über Jahrhunderte hinweg die Herausforderungen der aufwändigen Erhaltung und des speziellen Wohnalltags in einem historischen Gebäude angenommen haben.

Die lange und wechselhafte Geschichte der Besitzverhältnisse seit der Erbauung durch den ersten urkundlich erwähnten Burgherrn Hugo von Rastenberg lässt sich an dieser Stelle nur bruchstückhaft wiedergeben. Im historischen Machtzentrum der Kuenringer, waren es ab dem 13. Jhd. u.a. die Geschlechter der Rauhenecker, Grafen von Lamberg und die Freiherren von Bartenstein, welche Rastenberg als ihr Domizil auserkoren. Durch Heirat der letzten Erbin von Bartenstein gelangte das Anwesen 1872 schließlich an die Grafen von Thurn-Valsassina aus dem norditalienischen katholischen Uradel.

Von außen betrachtet
Die romanische Burg ist eine auf einem Felssporn gelegene rund 60 m lange und knapp 20 m breite Anlage, die an drei Seiten von steil abfallenden Felsen umsäumt wird. Nördlich davon schmiegt sich in einem Graben der Ort Rastenberg an den Fuß des Burghügels, welcher über eine Privatstraße erschlossen ist. Im Osten verläuft die Örtlichkeit ohne ausgeprägte Niveauunterschiede in die Hochfläche des Zwettler Plateaus. Hier ist der baulich gut gesicherte Eingang zur Burg. Diese wird über eine Steinbrücke und den anschließenden zweigeschoßigen ehemaligen Torturm betreten. Daran schließt getrennt durch die heutige Gartenanlage eine, erst im 15. Jhd. unter Wilhelm von Neudegg errichtete, dreigeschoßige Anlage, welche die existierende romanische Vorburg, dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, in ein Reinaissanceschloss verwandeln sollte. Ein Anbau aus dem 18. Jhd. ist der hier an der südlichen Außenseite befindliche barocke Bastionsbau. Anschließend an einen ersten Burghof beginnt mit einem imposanten Portalbogen die mittelalterliche Höhenburg, die durch eine Halle in einen zweiten zentralen Burghof führt. Ehemalige Arreste und ein Verlies erinnern an die so genannte Niedere Gerichtsbarkeit, die im Mittelalter in Händen der jeweiligen Herrschaften lag.

Die Hauptburg, heute im hinteren Teil der Anlage situiert, bestand ursprünglich nur aus dem nach Osten vorgeschobenen Bergfried mit angeschlossenem Palas – der Wohn- und Festhalle. Der an der westlichen Talseite befindliche quer gestellte Palas (ca. 15×12 m) ist viergeschoßig und enthält im Kellergeschoß Hölzer einer Balkendecke die dendrochronologisch auf das Jahr 1193 datiert sind. Aufgrund seines fünfeckigen Grundrisses ist der, durch die späteren Anbauten jetzt im Zentrum gelegene, 27 Meter hohe Bergfried eine architektonische Besonderheit. Seine, an der südlichen Außenseite, spitze Keilform wurde vermutlich gewählt, um Geschoße leichter abprallen zu lassen. An der Basis beträgt die Mauerstärke stattliche 2,5 m, nach oben hin verjüngt sich diese zusehends. Ursprünglich bildete ein stattlicher Zinnenkranz den oberen Abschluss, der aber im Zuge der Überdachung des Turmes im 16 Jhd. durch kleine Fensterluken ersetzt wurde. Der Blick aus einem Fenster der oberen Turmkammer offenbart einen herrlichen Ausblick in das Umland mit seinen weitläufigen Feldern und Wäldern, der im Norden bis nach Allentsteig und darüber hinaus an den Horizont reicht.

In den nördlichen Abschnitt der Ringmauer, die eine mittlere Stärke von fast 2 m hat, ist die Burgkapelle eingefügt. Diese weist als herausragendes Architekturmerkmal einen Absidenerker auf.

Wohnen dereinst und jetzt
Die Führung durch das Innere mutet wie eine kleine Zeitreise durch viele aufeinander folgende Epochen der Architekturgeschichte an. Von den romanischen Anfängen bis zur Umgestaltung und Ergänzung der Räumlichkeiten für ein Mindestmaß an komfortablem Wohnen nach heutigen Maßstäben. Konnten im Mittelalter nur Fensterläden vor Kälte und Niederschlägen schützen und dienten offene Kamine als spärliche Wärmequellen, so gibt es heute eine zentrale Hackschnitzelheizung, die im Winter die wichtigsten Wohnräume mit Wärme versorgt. Die geschmackvollen und achtsam ausgeführten sanitären Einbauten sind ebenfalls unserer heutigen Wohnkultur geschuldet. Während unseres Rundgangs entdecken wir so manche imposanten Räumlichkeiten, die einerseits durch ihre stilvolle Gestaltung auffallen und andererseits kurze Einblicke in das Lebensumfeld der Burgbewohner gewähren. An den Wänden der Gänge findet sich, für heutige Verhältnisse kurios, so manche Jagdtrophäe aus vergangenen Jahrhunderten.

Der ehemalige Palas ist heute das Refugium von Architekt Dipl.-Ing. Georg Thurn-Valsassina, dem Vater des heutigen Burgherrn. Beim Kaffee in einem der Salons weist er u.a. auf die Bedeutung der Geomantie* beim einstigen Bauen und dem alltäglichen Erleben eines Wohnortes hin. Schon die Römer bauten in einer quadratischen Kraftgitterstruktur und legten Straßen auf terrestrische Energielinien, die lange ermüdungsfreie Märsche erlaubten. Im Mittelalter wurde das alte Wissen übernommen und in den Bauhütten verfeinert. Die Architektur wurde auf ausgesuchte Kraftlinien positioniert und abgestimmt.

„In diesem Sinne wurde offenbar auch Burg Rastenberg angelegt und es ist ein ganz besonderes Gefühl mit dem Wohnen an diesem speziellen Ort mit seiner Jahrhunderte alten Geschichte verbunden“.

Autor: Jürgen Niederdöckl
Fotos: Nadja Meister