HISTORISCHER GUTSHOF in Langmannersdorf

Es braucht nicht immer Schlösser, Burgen oder herrschaftliche Villen. Auch ein historischer Gutshof ist ein interessantes Kulturgut und lädt ein, sich mit seiner speziellen Architektur und Geschichte näher auseinanderzusetzen. In Langmannersdorf, einem Teil der Gemeinde Weißenkirchen an der Perschling im Bezirk Sankt Pölten, haben wir den in liebevoller Detailarbeit restaurierten Hof aus dem 15. Jahrhundert entdeckt.

HISTORISCHER GUTSHOF | Verborgenes Kleinod im Tullnerfeld

Es braucht nicht immer Schlösser, Burgen oder herrschaftliche Villen. Auch ein historischer Gutshof ist ein interessantes Kulturgut und lädt ein, sich mit seiner speziellen Architektur und Geschichte näher auseinanderzusetzen. In Langmannersdorf, einem Teil der Gemeinde Weißenkirchen an der Perschling im Bezirk Sankt Pölten, haben wir den in liebevoller Detailarbeit restaurierten Hof aus dem 15. Jahrhundert entdeckt.

Jahrhundertelang war der Ort wirtschaftlich eng mit dem nur 10 km entfernten Pottenbrunn verbunden und die einstigen Herrschaften betrieben hier unter anderem eine stattliche Mayerei. Als Überbleibsel einstiger Macht, zeugt noch heute die gemauerte Gerichtssäule, der sogenannte Pranger von der Gerichtsbarkeit der jeweiligen Herrschaft. Langmannersdorf beherbergte eine Reihe von Adelsgeschlechtern, die zum Teil auch mit dem hier beschriebenen Haus in Verbindung standen.

Laufende Hunde
Das großzügige, teils unter dem Straßenniveau gelegene, Gehöft auf etwa 7000 m2 Grundfläche, hat eine lange wechselvolle Geschichte hinter sich und war zuletzt zwar teilrenoviert aber nach heutigen Maßstäben dennoch unbewohnbar. Bis sich der Künstler und Techniker Heribert Scheikl seiner annahm. Um die Jahrtausendwende suchte er mit seiner Partnerin nach einem geeigneten Platz für die Haltung von Pferden und Eseln und wollte den Hof auch als Kulturgut für sich und die Nachwelt erhalten. Scheikl: „Alte Bauten mit historischem Flair üben schon seit meiner Kindheit eine große Anziehung auf mich aus, da mein Großvater einst Besitzer von Schlossgut Aichhof im westlichen Wienerwald war, und ich dort viel Zeit verbrachte.“

Nähert man sich dem langgestreckten schmalen Baukörper entlang der Ortsstraße, stechen sofort die leuchtenden Sgrafitto-Muster ins Auge. Parallel zur Dachtraufe verläuft ein Fries, das als „Laufender Hund“ bezeichnet wird und an sich überschlagende Wellen erinnert.

„Als gelerntem Grafiker lag mir die Wiederherstellung dieser ganz eigenen, an Hausfassaden eher seltenen, Vitruvianischen Veloute, benannt nach dem römischen Architekturtheoretiker Vitruv, besonders am Herzen. Folglich beschloss ich sie selbst in Handarbeit und ohne weitere Hilfsmittel als mit Farbe und Pinsel auszuführen. Eine mühselige, langwierige (maximal zwei Meter pro Arbeitstag) und große Sorgfalt erfordernde Angelegenheit“ erläutert der Hausherr augenzwinkernd.

Der aufgrund historischer Quellen zeitweise als Außenstelle von Stift Göttweig nachgewiesene Hof teilt sich in den L-förmigen Wohn- und einen gartenseitig paralell verlaufenden Wirtschaftstrakt – wie es auch vor der sukzessiven Restaurierung schon der Fall war. In den meisten Fällen ließ sich die Bausubstanz gut verwenden und in das heutige Konzept einbinden. Dem Bauherrn war es wichtig, den Charakter des Gebäudes mit seiner schönen Fassadengestaltung, den von rotweisroten Läden umsäumten Kastenfenstern, den Kreuzgewölben etc. beizubehalten und die ursprüngliche Form, wenn überhaupt nötig, nur behutsam zu verändern. Alte Häuser brauchen Liebe und einen Blick für ihre Qualitäten, so wie es hier der Fall war. Allerdings muss der Aufwand auch wirtschaftlich tragbar sein. Abgesehen vom Platzangebot war daher ein wichtiges Argument, dass die Dächer erst kurz davor erneuert worden waren. Bei 1.500 m2 Dachfläche wäre der Erwerb der Liegenschaft sonst nicht in Frage gekommen. Es gab viel zu tun
Zu den wichtigsten Arbeiten zählte zunächst die Beseitigung von 30m3 Schutt sowie die großflächige Erneuerung des Putzes. Natürlich waren an der Substanz die Jahrhunderte nicht spurlos vorübergegangen. Aufgrund von langer Durchfeuchtung hatten viele Ziegel ihre Festigkeit eingebüßt, mussten ausgetauscht und die im Erdbereich liegende Gründung teilweise mit Beton unterfangen werden. In manchen Bereichen galt es bis zu handbreite Fugen zu verschließen, die sich durch stete Neigung der Mauern gebildet hatten. Auch in pucto Infrastruktur gab es dringenden Handlungsbedarf. So wich die vorhandene Senkgrube einem Kanalanschluss, Rohre wurden erneuert und Wasserleitungen neu verlegt. Um vor allem im Winter ein wenig Komfort in die alten Gemäuer zu bringen, war die Dämmung der obersten Geschoßdecke im Wohnbereich unumgänglich. Last but not least entstand aus der umgebenden Wildnis allmählich wieder ein Garten, der diese Bezeichnung verdient und heute von vielen Besuchern als Kraftort wahrgenommen wird.

Hereinspaziert
Erschlossen wir das Anwesen durch einen steil von der Hauptstraße abfallenden Weg, von dem aus man nach ein paar Metern vor einer großen, für die einst oft hoch beladenen Wagen ausgelegten, Eingangshalle steht. Von diesem Raum aus, gelangt man unter imposant geschwungenen Arkadenbögen zum Eingang in den Wohnbereich. Noch ein Wort zur Torhalle: Hier befindet sich auch eine Tür zu einem so genannten Erdstall, der seinerseits wiederum mit einem Tunnel- und Kellersystem verbunden ist, das Überlieferungen zu Folge bis ins tullnerfelder Heiligenkreuz verläuft. Der alte Begriff „Erdstall“ bedeutet übrigens Erdstollen und hat nichts mit einem Viehstall zu tun.
Wir betreten nun den von einem Kreuzgewölbe überspannten Vorraum und sind sogleich von der hier herrschenden Atmosphäre eingenommen. Jeweils über kurze Treppen erreichbar, sind rechts und links davon das Schlafzimmer und auf der gegenüberliegenden Seite der Wohnraum mit der Küche angeordnet. Wohin der Blick sich richtet, wird er von historischen Gegenständen aus den Bereichen Nautik, Jagd oder auch früherer Haushaltsführung angezogen, die sich stilvoll in das Gesamtbild mit geschmackvollen Möbeln und Einrichtungsgegenständen einfügen.
Der bereits erwähnte Quertrakt ist ein Wintergarten und im Stil der Veranden an Fin de Siècle-Villen, z.B. im Wienerwald, errichtet. Ein hier befindliches großes Schlagzeug erinnert an die wilden Zeiten des Hausherrn, als er seine künstlerischen Ambitionen und Energien in einer Bluesband auslebte.
Dieser abschließend: „Pferde, Esel und darüber hinaus noch einiges mehr sind längst Geschichte. Das alles herzurichten und zu erhalten, war und ist eine Riesenarbeit, aber es lohnt sich und ich genieße es heute als Wohn- und Regenrationsort gleichermaßen.“
Jürgen Niederdöckl