LEBEN IN DER ORTSMITTE

Geförderter Wohnbau in Krummnußbaum
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LEBEN IN DER ORTSMITTE | Geförderter Wohnbau in Krummnußbaum

Krummnußbaum stand vor ähnlichen Herausforderungen wie viele ländliche Gemeinden, die mit Abwanderung und einer vernachlässigten Ortsmitte zu kämpfen haben. Doch durch eine engagierte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, mutige Entscheidungen und Weitsicht, gelang es der Marktgemeinde neues Leben in ihre Mitte zu bringen. Eine wichtige Rolle spielte dabei die gute Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, dem Architekten und dem Bauträger.

Nur knapp 1.500 Einwohnende zählt das Dorf Krummnußbaum, ursprünglich ein Gassengruppendorf, liegt zwischen den Städten Pöchlarn und Ybbs am Ufer der Donau. Die Kaiserin-Elisabeth-Bahn (heute Westbahn) verläuft durch das Ortsgebiet. Charakteristisch für den Ortskern ist die durchmischte, lockere Verbauung und die Vielzahl an Bauernhöfen, darunter kleine Streckhöfe, Drei- und Vierseithöfe.

Innen- statt Außenverdichtung
Im Jahr 2011 hatte der letzte Nahversorger des Dorfes geschlossen, was zu einem enormen Infrastrukturverlust führte. Dies markiert oftmals den Anfang eines aussterbenden und leeren Ortskerns. „Ich kann mich noch erinnern, als die Straßen in unserer Gemeinde fast leer waren.“, erzählt der Bürgermeister. Um dem entgegenzuwirken, startete die Gemeinde 2011 einen langjährigen Prozess zur Attraktivierung des Zentrums. Dazu fanden zahlreiche Gespräche mit Raumplanern und Architekten sowie der Bevölkerung statt. Die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner wurden durch eine Befragung ermittelt und in einem Masterplan zusammengefasst. Dies führte, nach zahlreichen Treffen und Abstimmungen, zur Errichtung des „Ortszentrums“ samt Vorplatz. Gleichzeitig erfolgte die Wiederaktivierung der Bahnhaltestelle zur Verbesserung der öffentlichen Anbindung. Diese ist vom Ortszentrum in 3 Gehminuten erreichbar. „Innen- statt Außenverdichtung“ lautete das Motto der planerischen Herangehensweise.

Das „Ortszentrum“ besteht aus 28 geförderten Mietwohnungen (mit Kaufoption), einem Nahversorger, einem Café samt Außenbereich, einem Co-Working-Bereich, einem Friseur, einem flexibel gestaltbaren Veranstaltungssaal, der je nach Bedarf in kleinere Einheiten unterteilt werden kann, dem Gemeindeamt sowie einer Tiefgarage mit 36 PKW-Stellplätzen auf rund 1.850 Quadratmetern. Die Wohnhausanlage ist in einem innovativen Gesamtkonzept mit öffentlichen und privaten Nutzungen eingebunden, wobei im 1. und 2. Obergeschoß die Wohneinheiten untergebracht wurden.

Jede Einheit verfügt über eine großzügige Freifläche in Form einer Terrasse oder Loggia. Die Größen variieren zwischen 45 m² und 86 m² und reichen somit von einer 2-Zimmer- bis hin zu einer 4-Zimmer-Wohnung. Die Wohnungsgrundrisse sind so konzipiert, dass diese barrierefrei anpassbar sind, um auch das Wohnen im hohen Alter zu ermöglichen. Ausschlaggebend ist zudem die Nähe zu wichtigen öffentlichen Einrichtungen, die im Ortszentrum von Krummnußbaum unter einem Dach vereint sind und somit das Alltagsleben erleichtern.

Um das Projekt mit all den unterschiedlichen Funktionen erfolgreich umzusetzen, war eine enge Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Architekt und Bauträger notwendig. Die Kosten wurden dabei wie folgt aufgeteilt: Die Gemeinde übernahm die Erdgeschoßzone mit den öffentlichen Funktionen und die beiden darüber liegenden Wohngeschoße wurden von der WET-Gruppe finanziert.

Typologie „Vierkanter“
Die Errichtung des Ortszentrums kann als punktueller, baulicher Eingriff in die bestehende Dorfstruktur betrachtet werden. Die Parzelle ist rundum von einer Straße umgeben. Aufgrund dieser Lage wurde für den Neubau eine geschlossene Bebauung samt Innenhof gewählt, die der Typologie eines Vierkanters ähnelt. „Der Bezug zur ortstypischen Bebauung war wichtig“, so der Architekt. Der Zugang zu den Erdgeschoßnutzungen erfolgt im Westen, während im Osten der Zugang zum Treppenhaus der Wohnhausanlage liegt. Alle Funktionen sind um den grünen Innenhof angeordnet. Die Wohneinheiten werden alle über den innenliegenden Laubengang im 1. und 2. Obergeschoß erreicht. Der öffentlich zugängliche Innenhof selbst bietet mit zahlreichen Sitzmöglichkeiten einladende Gelegenheiten zum Verweilen.

Das äußere Erscheinungsbild zeichnet sich durch eine weiße Putz- und eine hinterlüftete Holzfassade im Erdgeschoß aus. Für die Dachform wurde eine Steilform mit Tonziegeldeckung gewählt. Der Rücksprung in der Erdgeschoßzone schafft einen witterungsgeschützten Bereich, der sich vorteilhaft auswirkt, wenn man sich um das Gebäude bewegt. Großzügige Fensteröffnungen und Dacheinschnitte sorgen für eine natürliche Belichtung der Innenräume. Diese sind schlicht und hell gestaltet. Immer wiederkehrende Holzelemente, wie Holzfenster oder die Holzverkleidung an der Decke, verleihen den Räumen zusätzliche Wärme und runden das Gesamtkonzept ab.

Das Ortszentrum Krummnußbaum wurde im April 2023 feierlich eröffnet. Weitere Schritte wie die Gestaltung des Vorplatzes sowie die Einrichtung einer Begegnungszone vor dem Gemeindezentrum, um den Kirchenplatz in die Ortsmitte zu integrieren, stehen noch an. Es zieht wieder Leben in die Ortsmitte ein.

Eigentümer: Marktgemeinde Krummnußbaum und & WET-Gruppe
Planung: Architekt DI Gerhard Dollfuß
Autorin: DI Barbara Reiberger
Fotos: Romana Fürnkranz