Neues Leben im fast 500 Jahre alten Gumpoldskirchner Winzerhof. Der historische Ortskern von Gumpoldskirchenbesteht aus einer Bausubstanz, die schon weit in die Geschichte zurückreicht. Gebäude aus der Zeit der Gotik und und Frührenaissance sind hier keine Seltenheit. Wer sich für solch eine Bausubstanz entscheidet, entscheidet sich nicht bloß für ein altes Haus, sondern übernimmt eine wichtige Aufgabe für die Erhaltung niederösterreichischer Bautradition.
Zurück zum Ursprung
Obwohl dieses Haus jetzt nach den heutigen Nutzungsansprüchen umgebaut worden ist, hat man dabei auch das Ziel verfolgt, möglichst viel von der ursprünglichen Ästhetik dieses Gebäudes wiederzufinden und wiederherzustellen. Zwar lassen sich alle Vorbesitzer seit 1549 lückenlos nachweisen, aber kaum einer von ihnen hat den ursprüngliche baulichen Zustand dokumentiert, alte Baupläne waren nicht vorhanden. Weshalb Baumeister Winfried Schmelz, der die Neuadaptierung umsetzte, bei der Rückabwicklung alter Verfälschungen und Überformungen auf Dinge wie die Balance der Fassade, historische Gepflogenheiten, den Goldenen Schnitt und und Ähnlichem zu achten hatte.
Was lange währt wird endlich gut
All dem war eine jahrelange Objektsuche vorausgegangen, die Aloisia und Helmut Kindlinger von der Wachau bis ins Südburgenland,von Wien bis zum Semmering führte. In Gumpoldskirchen wurden sie letztendlich fündig. Der ehemalige Winzerhof, der nachweislich bereits in der Zeit der Türkenbelagerungen bestand, liegt ruhig und idyllisch inmitten des alten Ortskerns mit entsprechend guter Anbindung und Infrastruktur – perfekt für jemand der die Vorzüge der Fußläufigkeit schätzt.
Der Baumeister als Forscher
Zunächst erfolgten eine gründliche Bausubstanzanalyse und geschichtliche Recherchen. Vor allem dem ehemaligen Turmmauerwerk wurde dabei Aufmerksamkeit zuteil.
Bei den Bauarbeiten wurde das Bundesdenkmalamt hinzugezogen, um Datierungen vorzunehmen und die straßenseitige Gestaltung abzustimmen. Die drei erhaltenswerten Kreuzgewölberäume des rechten Trakts beherbergen nun eine Wohnküche, eine Wohnbibliothek und den Schlafbereich mit Bad. Der linke Trakt, vor rund 100 Jahren nach einem Gewölbeeinsturz nur notdürftig instand gesetzt, wurde komplett entkernt und zu einem modernen Atelier in Stahlträgerbauweise samt Sichtdachstuhl umgebaut.
Behaglichkeit durch energetische Aufrüstung
Durch die Wärmedämmung des erdberührten Fußbodens und des Dachbodens konnte der Heizwärmebedarf fast halbiert werden. Die Beheizung des Wohn-und Ateliergebäudes erfolgt jetzt mittels Pelletsheizung. Alle Arbeiten wurden mit hohem fachlichen Anspruch in Handarbeit geleistet, alle Innenwände mit Traßkalkmörtel neu verputzt. Die Außenfassaden wurden in traditioneller Freskotechnik hergestellt. Die Holzkastenfenster und aufgedoppelten Außentüren entsprechen historischen Vorbildern. Alle Anstrichmittel basieren auf Öl als natürlicher Zutat.
Der Weg war lang und mühevoll, aber die akribische und beharrliche Herangehensweise des Bauherrn führten letztendlich zu einer Revitalisierung, die ein Baujuwel der besonderen Art wiedererstehen ließ. Das Haus hat seine Seele wiedergefunden und ist mit seiner funktionalen Wirkung und dem unvergleichlichen Ambiente in der Gegenwart angekommen.
Bauherr: Aloisia und Helmut Kindlinger
Planung: Bauatelier Schmelz Salomon