Großzügig, vielfältig, hell und vor allem mit ruhiger Klarheit sollte das neue Wohndomizil geplant werden. Die Bauherrin wusste, was sie wollte, da sie die Vorzüge der Gegend sehr gut kennt – denn schließlich ist sie dort aufgewachsen.
Das Wohnhaus ist inmitten der dörflichen Struktur in der kleinen Ortschaft Leopoldsdorf im Marchfeld eingebettet. Eine Gegend im Weinviertel, die von der Landwirtschaft geprägt ist. Bereits beim Ankommen spürt man die Ruhe und Nähe zur Natur. Wesentliche Merkmale, die laut Bauherrin in die Planung des Neubaus unbedingt miteinbezogen werden sollten.
Formale Reduktion
Ursprünglich stand auf dem Grundstück ein alter Wirtschaftstrakt, der zeitweise auch als Arbeiterwohnhaus Verwendung fand. Jahrzehntelanger Leerstand ging einher mit dem Verfall des Altbestands, weshalb man sich für den Abbruch und anschließenden Neubau entschied. Ziel war es ein Gebäude zu schaffen, das die Struktur der Umgebung aufgreift und sich harmonisch „einfügt“. Deshalb nimmt das Einfamilienhaus zur Straße hin die Proportionen sowie die geschlossene Bebauungsform des abgebrochenen Bestands wieder auf. Der somit entstandene schlichte Baukörper bekam lediglich ein Steildach mit Ziegeldeckung aufgesetzt, weshalb das Erscheinungsbild zur Straßenfront beinahe ident blieb. Im Garten schließt ein eingeschoßiger Trakt mit extensiv begrüntem Flachdach an den Baukörper im Osten an. Dieser stand ursprünglich an der gegenüberliegen den Grundstücksgrenze, wodurch ein unvorteilhafter Schattenwurf erzeugt wurde. Erst durch die geschickte Neupositionierung wurde dem Garten wesentlich mehr Sonnenlicht zugeführt. Im Norden bildet ein leicht zurückversetzter, überdachter Stellplatz samt dahinterliegender Gartenhütte den Abschluss zum nachbarlichen Grundstück.
„Zur Straße hin geschlossen und traditionell, zum Garten hin offen und zeitgemäß“ lautete das Motto der architektonischen Herangehensweise. Deshalb wurde der obere Abschluss der Straßenfassade mit einem Traufengesims ausgeführt. Die Öffnungen in der Fassade sind im Wesentlichen auf einige kleine Fenster reduziert. Hinter diesen wurden, geschickt platziert, die Wohnnebennutzungen wie Sanitär-, Wirtschafts- und Technikräume aufgefädelt.
Zum Garten hin sind die Wohn- und Aufenthaltsräume orientiert. Großzügige Öffnungen ermöglichen Ausblicke ins Grüne und bringen viel Licht und Sonne ins Innere des Gebäudes. So verspürt man beim Betreten des Hauses eine angenehme Weite. Der Blick wandert direkt in den grünen Garten und in die weiter hinten liegende Streuobstwiese.
Klare Raum- und Materialkomposition
Den zentralen Mittelpunkt des Wohnhauses bildet die Wohnküche samt Galerie, wobei der Küchenblock zum Dreh- und Angelpunkt wird. Die Küche bekam zudem eine kreative Sonderlösung: Mit einer raumhohen Schiebetür lässt sich der „Wirtschaftsteil“ jederzeit abtrennen. Dies ist vor allem bei besonderen Anlässen sehr praktisch. Im Anschluss an die Küche, am großen Esstisch, finden alle Familienmitglieder zusammen. Bei Schlechtwetter verweilt man gerne auf der gemütlichen Couchlandschaft vor dem Kamin. Bei Schönwetter lassen sich die großzügigen Terrassentüren problemlos öffnen, wodurch der fließende und schwellenlose Übergang zum grünen Garten noch deutlicher spürbar wird. Schiebeläden aus Lärchenholz verlaufen entlang der Gartenfassade und bieten stabilen Sonnenschutz. Je nach Jahreszeit und Witterung besteht die Möglichkeit auf einer Sonnen- oder überdachten Schattenterrasse zu verweilen.
Die Schlafzimmer sind sowohl im Erdgeschoß als auch im Dachgeschoß untergebracht. Im Erdgeschoß hat jedes Zimmer Zugang zum Garten. Die Räume im Dachgeschoß verfügen über großzügige Atelierfenster. Abstellräume sowie Kästen verschwinden beinahe unauffällig in den Wänden. Eichenböden sorgen für behagliche Wärme. Für die Nassräume wurden schlichte Schieferplatten ausgewählt. Lichtdurchflutete Räume, helle Oberflächen und hochwertige Materialien lassen die Räume in zurückhaltender Eleganz erscheinen.
Das Gebäude wird mittels einer Grundwasserwärmepumpe beheizt bzw. gekühlt. Für ein angenehmes und ausgeglichenes Raumklima, auch in den Sommermonaten, wurde neben den massiven Bauteilen mit Bauteilaktivierung und dem konsequenten Sonnenschutz ein innovatives Lüftungskonzept realisiert. Das „natural ventilative cooling“ sorgt mit automatisch angesteuerten Oberlichten und Dachflächenfenstern für eine schnelle und komfortable Querlüftung und Nachtkühlung.
Eigentümer: Privat
Planung: Martin Rührschopf, MAS (solar architecture)
Autorin: DI Barbara Reiberger
Fotos: Romana Fürnkranz, Christoph Bertos