Revitalisierung Bauernhof in St. Leonhard am Forst

Neues Leben für den Danglhof
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EIN VIERKANTHOF FÜR VIER FAMILIEN

Neues Leben für den Danglhof

Mit der Sanierung des Danglhofs in St. Leonhard im Mostviertel erfüllte sich der Bauherr einen Lebenstraum. Der Hof wurde behutsam thermisch ertüchtigt und zu vier Wohnungen umgebaut. So bleibt ein Stück Kulturlandschaft erhalten und belebt.

St. Leonhard am Forst ist ein malerischer Flecken Erde. Inmitten der eigenen Wiesen und Felder steht der Danglhof auf einer Anhöhe. Ein stattlicher, zweigeschoßiger Vierkanter, wie er typisch ist für das Mostviertel – vier Trakte um einen Innenhof.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde er 1598. Die Mostpresse adelte ihn zum Herrschaftshof. Daher ist seine Raumhöhe mit 2,80 Meter höher als üblich, seine Süd- und Nordflügel sind etwa 43 Meter, der Ost- und Westtrakt rund 30 Meter lang, der Innenhof bringt es auf 24 x 17 Meter.

Lebenstraum Bauernhof
Über Jahrhunderte formte der Danglhof die Landschaft, in der er steht, mit. Bis zum Tod der neunzigjährigen Bäuerin Aloisia Dachsberger war er fast durchgehend bewirtschaftet, im Juni 2019 erbte ihr Großneffe Harald den Hof. „Seit ich ein Kind war, träumte mein Vater davon, einen Bauernhof herzurichten“, erzählt Anna Kerschner. Ihr Vater Reinhard ist seit vielen Jahren als Baumanager bei einem österreichischen Baukonzern tätig. Er und seine Frau Elisabeth sind in St. Leonhard aufgewachsen, 2015 kauften sie ihre erste schottische Hochlandkuh und tauften sie Annabell. Heute halten die Kerschners eine kleine Herde mit einem Stier, vier Ochsen, vier Kühen und Kalbinnen, dazu kamen vier Alpakas und vier Hektar Weideland für deren Futter. Reinhard Kerschner ist längst Nebenerwerbsbauer.

Die Corona-Krise und der erste Lockdown führten Anna Kerschner und ihre Familie wieder zu den Eltern nach St. Leonhard. Bei einem Spaziergang entdeckten sie den gelbgrün gestrichenen Danglhof, der zum Verkauf stand. „Das Haus sah furchtbar aus“, erinnert sich Anna an die erste Besichtigung. „Doch mein Vater hat die gute bauliche Substanz erkannt und ich habe den Ausblick und den wunderschönen Garten gesehen.“ Die Entscheidung für den künftigen Familienwohnsitz war rasch getroffen.

Verwenden statt verschwenden
„Die Raumstruktur wurde nicht überformt, wir gingen minimalinvasiv vor“, sagt Ing. Leo Kern von der Firma ATMO. Diese machte die begleitende Kontrolle, sowie die Entwurfs- und Polierplanung, einige Details und die Bauaufsicht übernahm der Bauherr selbst. Die dicken Steinmauern im Erdgeschoß blieben, wie sie waren, die Platzlgewölbe und böhmischen Kappen über den einstigen Stallungen hat man sandgestrahlt, die dünnen Wände im Obergeschoß thermisch ertüchtigt und mit einer vorgehängten Lärchenfassade verkleidet.
Letztere und alle Baumeisterarbeiten führten neben dem Bauherrn und seinem Sohn Simon auch sein Bruder, der seit vielen Jahren im selben Baukonzern tätig ist, Anton Kerschner, und ein befreundeter Kollege durch. Die Fenster wurden bis zum Boden verlängert, so dringt mehr Licht in die Räume. Abstände und Sichtachsen behielt man als Reminiszenz an den Bestand bei.
Reinhard Kerschner wollte möglichst wenig verschwenden. Die Hofeinfahrt wurde erstmals mit 70% Recyclingasphalt asphaltiert, die Natursteinplatten aus Gneis im Innenhof wieder eingesetzt und ein Kachelofen gerettet. Dieser steht nun bei Anna Kerschner im Wohnbereich, der sich mit einem riesigen Fenster nach Süden zu Sonne, Streuobstwiesen und Ötscherblick öffnet. Die Glasfront ist mit einer breiten Sitzbank als Lesenische gestaltet und ihr Lieblingsplatz. Anna und ihre Kinder leben im südwestlichen Hauseck, eine Innenstiege führt zu den Kinderzimmern. Im Nordosten und Südwesten im ersten Stock gibt es je eine Mietwohnung. Sohn Simon und Familie leben auf zwei Ebenen im Rest des Südtrakts. In seiner Küche steht eine Eckbank, sie ist wie die Holztische, Stühle und sonstigen Möbel aus Eschenholz vom eigenen Grundstück von Tischlermeister Ignaz Hell gefertigt.
„Das schönste Gefühl für uns war, wie nach dem Rückbau der Ruine nach und nach die Wohnungen für unsere Kinder und Enkelkinder entstanden“, sagt Reinhard Kerschner. Der Stadl mit dem Holzdachstuhl ist das Hoheitsgebiet der Enkel und verdankt seine zwei Fenster einem Fehler: die maßgefertigten Gläser für Simons Esszimmer passten nicht, der Bauherr setzte sie in die Holzwand des Stadls ein. Nun gibt es dort viel Licht, Aussicht und genug Platz, um auch bei Schlechtwetter im Stadl spielen, toben und Radfahren zu können.

Eigentümer: Familie Kerschner
Planung: Atmo GmbH | Bauplanung und Architektur
Autorin: DI Isabella Marboe
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenfotos: Christoph Bertos