Lange stand die alte, denkmalgeschützte Burg in Bruck/Leitha leer. Nun hat sie ihre Bestimmung gefunden. B&M Architekten und die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft „Arthur Krupp“ machten sie in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt zu einem geförderten Wohnbau mit Kindergarten und Arztpraxis.
Eine halbe Ewigkeit steht die Burg in Bruck an der Leitha schon beim Hainburger Tor an der Stadtmauer, ihr Ursprung reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Damals war sie Wehrburg, ab 1316 ein Kloster der Augustiner-Eremiten, von 1546 – 1642 ein Bürgerspital, dann Militärkaserne, Kadettenschule und k.k Hoflager. Seit 1918 gehört sie der Stadtgemeinde, die sie für Wohnungen nutzte, sich deren Sanierung aber nicht leisten konnte. Jahrzehnte stand die Burg leer. Das setzte ihr zu.
Zukunftsperspektive
2017 erwarb die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft „Arthur Krupp“Ges.m.b.H., ein Unternehmen der „Wien-Süd“-Gruppe, das Baurecht. „Es war eine Ruine“, sagt Projektleiter Ing. Roland Windpassinger. „Die Mauern waren bis in den ersten Stock durchfeuchtet, die Dippelbaumdecken teils vermorscht.“ 12 Mio. Euro kosteten Sanierung und Umbau zum Wohnheim mit 36 Einheiten, Arztpraxis und viergruppigem Kindergarten. Das entspricht einem großvolumigen Neubau. In puncto CO2-Bilanz, Charisma, Geschichte und Lage aber ist die Burg klar überlegen, für das Zentrum von Bruck an der Leitha ist sie unbezahlbar wertvoll.
Der Austausch zwischen Architekt, Projektleitung und DI Franz Beicht vom Bundesdenkmalamt war rege, die Zusammenarbeit verlief partnerschaftlich-vertrauensvoll. Historiker erstellten Baualterspläne, Restauratoren befundeten Putze und Wandfarben. Auf die dicken Mauern kam Kalkputz in historischer Technik, über den das Licht wandern und die Wand atmen kann. Das Sgrafitto mit der Sonnenuhr an der Südfassade wurde freigelegt: Sie funktioniert tadellos. Isolierglas gibt es nur im Innenflügel, so behalten die Kastenfenster ihre zarten Profile. Innendämmung, kontrollierte Be- und Entlüftung halten den Energieverbrauch nieder. In die Jahrhunderte alten Wände durfte man nichts stemmen, nun schwebt eine abgehängte Linienbeleuchtung unter den Kreuzgratgewölben im Gang. Rohre und Kabel hierfür verlaufen unter dem Boden. Eine Burg für Generationen
B&M Architektur verschoben Zwischenwände, bündelten Schächte und sorgten so für ordentliche Grundrisse. Menschen aller Lebensalter leben hier, im Hof sollen die Generationen aufeinander treffen. Herr Adolf Taferner wohnt mit seiner Frau auf 74 m² am Eck im ersten Stock. Beide brauchen einen Rollator, sie waren unter den ersten, die einzogen. Der Senior mit dem guten Schmäh ist unfassbare 82 Jahre alt. Seit seiner Geburt hatte er dieselbe Siedlung bewohnt, ohne Lift. „Wir haben hier ein behindertengerechtes Bad, einen Lift, alles ist fußläufig erreichbar“, sagt er. „Sowas kriegen Sie in hundert Jahren nicht mehr, auch wenn wir das nicht ausnutzen können.“ Das Gästezimmer halten sie für eine Heimhilfe frei, falls nötig. Dass eine Kindergartenfreundin der Gattin ihre Nachbarin ist, zeigte sich erst später. Am selben Gang bewohnt der 25jährige Geschichtestudent Christoph Kachtik mit seiner Freundin eine 50 m² Einheit. „Alles ist so super hergerichtet, hier empfängt man Gäste gern“, sagt er. Außerdem: „Die Wände sind sehr dicht, man hört nichts von seinen Nachbarn.“ Der Gemeinschaftsraum im Erdgeschoß ist einzigartig: Dort sieht man Restauratoren gleichsam über die Schultern. Sie ließen freigelegte Malereien des Jahres 1546, 1760 und 1820 stehen. Rosa und Rot hingetupfte Blütenranken auf Eierschalengelb, grüne Blätter auf Grau, Scheinarchitektur. Faszinierend.
An die 100 Kinder besuchen den Kindergarten im Trakt zwischen Innenhof und der großen, sonnigen Wiese im Süden. „Wir nutzen den Garten jeden Tag“, sagt Kindergartenleiterin Ina Knapper. Die großen, breiten Gänge sind zum Spielen ideal, im Sommer sind sie aufgrund der dicken Wände angenehm kühl und im Winter dank Fußbodenheizung angenehm warm. „Die Donau-Universität Krems untersuchte das Raumklima, die sagen, nichts sei besser als ein sanierter Altbau.“ Es gibt eine Kleinkind- und drei Familiengruppen, der Bedarf ist so groß, dass demnächst eine weitere eingerichtet wird. (DI Isabella Marboe)
Bauherr: Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft „Arthur Krupp“ Ges.m.b.H.
Planung: BME Baumanagement ZT Ges.m.b.H.