Sanierung Mittelalter meets Loft

Denkmalgeschütztes Bauernhaus saniert
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Mittelalter meets Loft

Denkmalgeschütztes Bauernhaus saniert

Mit viel Hingabe verwandelte ein Bauherrenpaar ein altes, denkmalgeschütztes Bauernhaus in Krems zu einem geräumigen, hellen, modernen Eigenheim mit Loft-Feeling.

Hoch oben über dem Pfarrplatz von Krems, gleich hinter der Piaristenkirche liegt der Frauenbergplatz. Wer ihn einmal entdeckt, hat ein Kleinod gefunden. Kopfsteinpflaster am Boden, in der Mitte ein großer, alter Lindenbaum, darunter eine kleine Bank, daneben ragt der Kirchturm hoch. Beim Spazierengehen fiel den Bauherren das Eckhaus am oberen Ende des Platzes auf, es stand schon sechs Jahre leer, der Keller war früher ein Schweinestall, später wurde hier Kohle gelagert. „Ich habe mich sofort in das Haus verliebt“, sagt die Bauherrin. „Mich hat seine Schlichtheit fasziniert.“ Bei der Begehung zeigte sich, dass es ein geschlossener Baukörper mit Grabendach ist, vor dem sich im Süden noch ein Garten ausbreitet. Der Blick über Krems, auf die Frauenbergkirche Mariae Himmelfahrt in Stein, nach Unterbergern und den Dunkelsteinerwald ist phänomenal.

Konstruktive Zusammenarbeit
Der Kauf erfolgte rasch und unkompliziert. „Es sah aus wie Hinterholz 8. Aber wir lieben alte Häuser. Sie haben so viel mehr Atmosphäre.“ Vier Einreichungsphasen, fast fünf Jahre Bauzeit und einige Rückschläge später war das denkmalgeschützte Haus sorgfältig saniert und ausgebaut. Das Architekturbüro gaugg + brustbauer zeichnete die Einreichpläne, die Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt – namentlich Dr. Fuchsberger und DI Beicht – war konstruktiv.

Dickes Gemäuer, eierschalenweiß kalkverputzt, ein Tor, eine Tür, darüber eine Reihe Holzfenster. Vier Stufen über dem Eingangsniveau liegt ein Bauerngarten. Sattgelbe Sonnenblumen ragen über den Lattenzaun, grüne Cherrytomaten erröten langsam, es gibt Zucchini, Salate, Kräuter. Dieser Bauerngarten war immer schon da. Zusätzlich stellte die Bauherrenfamilie, die es nun glücklich bewohnt, noch eine Bank vor ihren Zaun. Dem Hinweis des Bundesdenkmalamtes auf den Vorschübling – ein historischer Abschluss des Dachgrates, der für mittelalterliche Dächer typisch ist – sind die Bauherren heute dankbar. Umgekehrt verweigerten sie Gaupen, die Wohnküche im südlichen Bauteil wird zusätzlich mit Dachflächenfenstern erhellt. Im ausgebauten Dachgeschoß liegen die Dachflächenfenster in der inneren, straßenseitig nicht einsehbaren, Dachfläche wie Streifen zwischen den mit Lehmplatten verkleideten Sparren. Das Bundesdenkmalamt war mit dieser dezenten Lösung sehr zufrieden.

 

Naturstein und Kalkputz
Die reiche Geschichte des Hauses blitzt überall auf, neun Stufen führen vom Eingang in den Keller, dem ältesten Teil des Hauses. Er datiert irgendwann aus dem Jahr 1350. Zwischen weißen Kalkputzflächen wurden viele alte Türbögen, Pfeiler und Fensterstürze aus Natursteinmauerwerk freigelegt. Vor dem Keller breitet sich der Garten mit dem Pool aus, eine schmale Stiege führt an einer Betonwandscheibe entlang hinauf in die Wohnebene.

Die Holzbalken auf den Mauerbänken waren morsch, also musste auf die tragende Mittelmauer und die beiden Außenmauern ein neuer Sparrendachstuhl aufgelegt werden. Er wurde mit Lehmplatten verkleidet, die sichtbar gebliebenen Holztragwerke dazwischen gliedern den Dachraum. Die tiefen Nischen mit den breiten Fensterbänken blieben ebenso erhalten wie die Kastenfenster, die mit Isolierglas aufgerüstet wurden. Der gesamte südliche Teil des Hauses – 4,60 m breit, 17,55 m lang – ist nun ein großer, heller Einraum zum Kochen, Essen, Wohnen.

Stube aus dem Mittelalter
Im Osten befindet sich die Küche mit dem freistehenden, schwarzen Herdblock, die Stiege in den Keller bildet die dezente Zäsur zum Esstisch in der Raummitte, gleich bei der Balkontür. Die Terrasse ist tief genug für Tisch und Sessel, die ganze Familie sitzt hier gerne und genießt den traumhaften Blick.

Der abschließende Raumteil im Westen liegt eine Stufe niedriger: das ist das Bodenniveau der angrenzenden, quadratischen Stube am Eck. Sie stammt aus dem Mittelalter und hat noch eine originale Holzdecke: 1546 ist in einen der dunklen Holzbalken geritzt. Teils ließ man die gestrickten, massiven Holzwände sichtbar. „Man greift sie gern an“, sagt die Bauherrin. Das Bewusstsein, dass das Holz schon Jahrhunderte überdauerte, gibt Halt.

Eigentümer: Dr. Siglinde Lang und DI Harald Mayer
Planung: gaugg+brustbauer architektur ZT gmbh
Autorin: Isabella Marboe
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenfotos: Christoph Bertos