Schlossbergplatz in Großrußbach

Verbindende Gemeinsamkeit

VERBINDENDE GEMEINSAMKEIT | Schlossbergplatz in Großrußbach

Die Pfarrkirche hl. Valentin liegt direkt an der Schloßbergstraße, im historischen Mittelpunkt von Großrußbach. Sie steht an der höchsten Stelle über dem Markt und ist eine ehemalige Wehrkirche aus der Mitte des 11. Jahrhunderts. Die prominente Lage der Pfarrkirche machte einen steilen Stiegenaufgang notwendig, der direkt in die Durchfahrtsstraße des Ortes mündet. In die Jahre gekommen, waren Kirchenplatz samt -mauer, -stiege und -zufahrt baufällig geworden und mit zunehmendem Straßenverkehr stellte auch der Zu- und Abgang über die alte Stiege eine Gefahr dar.

Kollektive Entscheidung
Im Zuge eines Dorferneuerungsprogrammes beauftragte die Gemeinde das Architekturbüro A quadrat mit der Planung einer neuen Platzgestaltung. Priorität hatte dabei die barrierefreie Gestaltung des gesamten Platzes bei gleichzeitiger Verbesserung der kritischen Stiegensituation.
Über zwei Vorschläge, welche die Architekten erarbeitet hatten, ließ die Gemeinde die BewohnerInnen abstimmen. Die Beteiligung war enorm und es gab eine eindeutige Mehrheit für jene Form der Umsetzung, in der sich der Platz heute präsentiert. „Die Kirche und der Kirchenplatz spielen eine große Rolle in der Dorfgemeinschaft. Darum war es uns wichtig, die gesamte Bevölkerung in eine so wichtige Entscheidung miteinzubinden“, freut sich Bürgermeister Josef Zimmermann über das Engagement der Gemeinde.

Geborgenheit im Fokus
Der Platz zeigt in der Pflasterung ein harmonisches Farbspiel, passend zum unverputzten Bruchsteinmauerwerk der Kirchenmauern. Graubeiger Granit korreliert mit rötlichem Porphyr, das Kleinsteinpflaster ist in einem besonderen Rautenmuster angeordnet. Betrachtet man den Platz aus der Vogelperspektive, erkennt man darin ein sphärisches Netz, das sich über den ganzen Platz spannt und seinen fiktiven Mittelpunkt im Altar der Kirche hat.
Das Sinnbild eines Netzes bietet Raum für Assoziationen: das Netz als Schutz, Zusammenhalt, homogener Raum. „Es schützt, verbindet, transportiert und soll aber auch,“ so Architekt Pachner, „einen Bogen zu Petrus als Fischer herstellen, dessen Netz die Menschen in die Kirche hineinlotsen soll.“
Über 1000 Quadratmeter ist der Platz groß und jede der zahllosen Rauten hat ein anderes Format. „Keine Raute im Netz gleicht der anderen, wir haben das im Computer genauestens durchgeplant. Die Kreuzungspunkte wurden alle digital vor Ort eingemessen, damit es auch wirklich authentisch wirkt. Zieht man ein Netz, sind ja auch nie alle Rautenflächen gleich“, erklärt Andreas Pachner seine Idee. Ein großes Miteinander
Wie wichtig dieser Ort den Mitgliedern der Pfarre Großrußbach war und ist, beweisen die 464 Namen von SpenderInnen, die man auf den drei Ehrentafeln findet, welche die Wand der unweit der Kirche gelegenen Aufbahrungshalle zieren. Jeder und jede von ihnen leistete seinen ganz persönlichen Beitrag zur Realisierung des Platzes. Wer wollte, konnte zur Unterstützung des Projektes auch „Widmungssteine“ erwerben, die über den Platz verstreut in das „Netz“ eingearbeitet wurden. Dunkelgraue, quadratische Steine, größer als die anderen, zum Teil mit Namensgravur.

Das Areal rund um die Kirche ist als kommunikativer Ort konzipiert und bietet nach der Sanierung Platz für unterschiedlichste private und öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel. Der Vorplatz der Mariengrotte wurde dafür in Form einer Bühne gestaltet. Hier finden Konzerte und Theateraufführungen statt, aber auch bei Hochzeiten ist dieser Platz begehrt. Das Material der „Bühnenfläche“ ist ein Kunstharzbelag, der Wasser durchlässt. Die Farbe wurde an jene der Steine des stilisierten Netzes angepasst. „Die Gestaltung ist sehr gelungen, der Platz wird von der Bevölkerung vielfältig genutzt und ist stark frequentiert“, hört man seitens der Gemeinde.

Verweile doch!
Der alte Stiegenaufgang wurde im Zuge der Umgestaltung stillgelegt und rückgebaut, der neue Zugang verläuft nun von der Straße rückversetzt in einem Bogen direkt auf die Mittelachse der Kirche zu. Die kleine Kanzel gegenüber dem Kirchenportal und direkt vor dem Stiegenabgang platziert, soll den Besucherstrom „entschleunigen“ und zum Verweilen einladen. Ein längeres Verweilen in der Kirche ist übrigens sehr lohnend: Bleibt man nämlich am Altar stehen und blickt durch das geöffnete Portal hinaus, erscheint im Türrahmen das wunderbare Bild der Wallfahrtskirche vom Nachbarort Karnabrunn.  S.H.

Eigentümer: Marktgemeinde Großrußbach

Planung: Aquadrat Ziviltechniker GmbH