Gemeinsam mit der Architektenkammer schrieb die Gemeinde Gloggnitz, 6.000 Einwohner zählende Kleinstadt am Fuße des Semmerings, im Jahr 2015 einen EU-weiten Architekturwettbewerb aus: Entwurfsvorgabe – alle vier Schultypen des Ortes sollten unter einem gemeinsamen Dach vereint werden.
In der letzten Runde waren unter den anonymisierten Entwurfsbeiträgen nur noch acht Vorschläge im Rennen. Gloggnitz entschied sich für jenen mit dem offenen Erdgeschoss und den darin „versenkten“ Turnsälen. Der Planer: Dietmar Feichtinger, ein in Paris lebender arrivierter österreichischer Architekt, der seit Jahren von dort aus die internationale Architektur mitprägt.
Idee weitergedacht
Die Idee, alles zusammenzufassen – in diesem Fall Volksschule, Sonderschule, Neue Mittelschule, Polytechnikum und Musikschule, sowie Volkshochschule und einige Vereine – ist nicht neu und wurde auch schon an anderen Orten erfolgreich umgesetzt, da schulübergreifenden Kontakten und Projekten entsprechend Raum gegeben werden kann. Hier ergab sich der Bedarf aus dem veralteten Zustand der vorhandenen Schule, die Umsetzung aus dem Wunsch, die eigene Bildungslandschaft zukunftsfähig zu machen.
Das pädagogische Leitprinzip besteht im Miteinander, in der Kommunikation und gegenseitiger Unterstützung. Dies wurde insbesondere durch eine als Atrium konzipierte nach Innen gerichtete bauliche Grundstruktur umgesetzt, die jedoch alles andere als hermetisch in sich abgeriegelt ist.
Integrativ und durchlässig
Das Motiv der Offenheit dieser Bildungsstätte für die Stadt und ihre Menschen wird schon in der Konstruktion des Gebäudesockels sichtbar. Komplett verglast und vom ersten Geschoß überkragt wird er zu einem wettergeschützten Übergangsbereich der integrativ und optisch durchlässig für Einblicke ist. Neben dem sich dem Ortszentrum zuwendenden Haupteingang führen aufgrund der öffentlichen multifunktionalen Nutzungsmöglichkeit des Erdgeschoßes mit den „versenkten“ Turnsälen und den Mehrzweck- und Lehrräumen noch vier weitere Eingänge ins Innere, sodass externe Nutzer nicht sämtliche andere Bereiche queren müssen. Ein imposantes Stahlfachwerk als Dachtragwerk, Oberlichtkuppeln, Verglasungen und gespannte Netze als Absturzsicherungen zu den 7,80m hohen Sportstätten, die zudem auch für Schulveranstaltungen miteinander verbunden werden können, erschaffen einen durchlässigen und überaus eindrucksvollen Gesamtraum.
Raum geben
Im Zentrum des darüber liegenden Obergeschoßes befindet sich der „Schulhof“, ein großer Freiraum konzipiert als ein nach oben hin offenes Atrium von dem aus sich großartige Perspektiven in die Landschaft ergeben und der bei passenden Wetterverhältnissen auch zu einem Freiklassenbereich mutieren kann. Ringförmig entlang der Außenfassaden sind die Klassen- und Gruppenräume angeordnet, die durch flexible Trennwände übergreifendes, gemeinsames Lernen möglich machen. Die verschiedenen Schultypen sind dabei jedoch nicht voneinander getrennt und gehen fließend ineinander über. Zwischen Atrium und Klassenräume zonieren Nebenräume und Stiegenhäuser dem verbliebenen Raum in eine Abfolge von offenen und geschlossenen Bereichen und lassen eine Schullandschaft mit offenen Blickachsen entstehen.
Ein wenig Abgeschiedenheit gibt es dann aber doch: Die Lehrerbereiche und die Verwaltung sind im Geschoß darüber situiert und mit einem überdachten großen Freibereich für mögliche künftige Flächenerweiterungen gut gerüstet. Aus Gründen der Nachhaltigkeit entschied man sich bei der Tragstruktur und der spannend strukturierten Gebäudehülle, die sich wie ein Schutzmantel um den Lern-Organismus schmiegt, für den Werkstoff Holz als natürlich regenerierbares Baumaterial.
„Im Bewusstsein dessen, dass Bildung und die damit verbundenen Zukunftschancen unserer Kinder ein wesentlicher Baustein zur Entwicklung unserer Stadt sind, haben wir das – in allen Belangen sehr fordernde – Projekt „Neues Schulzentrum Gloggnitz“ in Angriff genommen und zu einem überaus gelungenen und zukunftsweisenden Abschluss gebracht“, resümiert Bürgermeisterin Irene Gölles.
Eigentümer: Stadtgemeinde Gloggnitz
Planung: Dietmar Feichtinger Architectes