Ab und zu kristallisiert sich an neuen Häusern das gute Zusammenspiel zwischen Bauherren und Architekten, deren Gedankenmaterial und Überlegungen. Ein besonderes Beispiel dafür ist dieses Haus, das als Raumkörper viel über die Vorstellungen aussagt, mit denen es gedacht und geplant worden ist.
Bewohnt wird es von einer jungen Familie, die auf der, einst von der Großmutter erworbenen Parzelle des ehemaligen Pfarrhofs, ihren Wohntraum verwirklichen wollte. Hierbei ließen sie sich Zeit: Sie befassten sich intensiv mit Architektur, besuchten besondere Häuser und nahmen sogar an einem Lehrgang teil. Dabei entwickelten sie ihre Vorliebe für Holz. Positioniert wurde das Haus so, dass das Grundstück für die beiden Söhne später einmal geteilt werden kann.
Eine gute Partnerschaft
Unterdessen bekamen sie mit, dass das Linzer Architektenbüro Bogenfeld für den Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit nominiert wurde. Also fragten sie an und eine gedeihliche Zusammenarbeit begann. Ergebnis des intensiv durchlebten Planungsprozesses ist ein Langhaus mit einem dominanten, weit vorgezogenen Dach. Das hat einerseits ganz praktische Vorteile, da es den Sitzbereich beschattet und andererseits Geborgenheit und Schutz bietet. Anstelle eines teuren Kellergeschoßes nutzen die Bewohner einen auf dem Grundstück bereits vorhandenen Schuppen.
Organisch und klug durchdacht
Nach Norden hat das Haus nur ein Fenster, dafür aber eine breite Eingangsnische, in der ein alter Bauerntisch mit Holzsesseln steht: Vermittler zwischen Außen und Innen, zwischen Aufbruch und Heimkehr. Als Werkstoff dominiert Holz, sogar an der Außenfassade, die mit vertikalen Fichtenlatten verkleidet ist, dunkelbraun lasiert. Da sie sägerauh sind, schimmern sie in der Sonne geradezu textil. Im Innern überrascht die atmosphärische Offenheit der Flure und Räume. Alle Bereiche sind frei jeder Enge, obwohl sie kompakt in ihrer Größe sind. Erstaunlich: In jeder Perspektive wirken Holzverschalung und bewusst eingesetzte Objekte wie Geländer, Lampen oder Regale immer harmonisch, als wenn jemand dem Goldenen Schnitt zu völliger Präsenz verholfen hätte.
Die Wärme und Heimeligkeit der Holzflächen kontrastiert gediegen mit zwei Baukernen aus Sichtbeton, die einen Abstellraum und das WC, sowie die Stiege beinhalten. Der Stiegenkern wurde hinsichtlich seiner Lage im Haus so geplant, dass eine mögliche geschossweise Trennung in zwei Wohneinheiten möglich ist. Zudem sind die beiden Kerne auch statisch erforderlich und bilden zusammen mit der Fundamentplatte die notwendige Speichermasse für das Haus.
Alles aus einer Hand
Zusammen mit dem Haus wurde von den Architekten auch die gesamte Einrichtung entworfen, deshalb sind alle Schränke und die Kücheneinrichtung nun ebenfalls aus – passendem – Holz gefertigt. Nur die Küchenplatte hebt sich ab, sie ist aus dunklem Stein hergestellt. Die Küche geht optisch in den Garten über, denn hier ist nach Süden die Wand aus Glas. Das vermittelt viel Offenheit und bringt eine Menge Sonnenlicht herein. Durch zwei Türen gelangt man direkt auf die Terrasse. Der Weg um das Haus liegt geschützt unter dem großen Satteldach, das im Westen fast fünf Meter vorsteht: Schutzbereich für die Terrasse, die auch bei Wind und Wetter benutzt werden könnte. Die Pointe dieses Objekts ist leicht zu finden: Unter der traditionellen und fast schon archetypischen Grundform „Haus“, befindet sich ein äußerst smart entwickelter Wohnentwurf, der keine Wünsche offenlässt – weder heute noch in der nächsten Generation.
Eigentümer: Privat
Planung: Bogenfeld Architektur
Ausgezeichnet mit dem NÖ Holzbaupreis 2018, Kategorie Wohnbauten