Der kleine zur Marktgemeinde Grafenwörth gehörende Ort Feuersbrunn zählt zu den ältesten und bedeutendsten Weinbauorten des Landes. In der malerischen Landschaft am Wagram gelegen, ist er ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. In Zusammenarbeit mit dem Architekten DI Wolfgang Wimmer ließ der Winzer Clemens Strobl hier ein aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammendes denkmalgeschütztes Presshaus für Degustations- und Repräsentationszwecke seiner Weinmanufaktur umbauen. Dabei entstand ein beeindruckender skulpturaler Baukörper, der sich über vier Ebenen erstreckt.
Alte Winzertradition trifft neue Architektur
Neue Räume in das malerische Ambiente einer historischen Kellergasse einzufügen, ohne den Gesamteindruck zu stören, ist gewiss keine einfache Aufgabe. Hier wurde sie meisterhaft gelöst.
Die Umbauarbeiten wurden so behutsam vorgenommen, dass straßenseitig im historischen Ensemble kaum eine Veränderung bemerkbar ist. An der den Weingärten zugewandten Seite wurde der Bestand abgerissen und an dessen Stelle ein zeitgenössischer Zubau mit fließenden Konturen und viel Glas errichtet, der einen atemberaubenden Blick über die Weinberge bietet. Für die gelungene Ausführung erhielt das Projekt beim Niederösterreichischen Holzbaupreis 2014 eine Anerkennung in der Kategorie „Zubauten, Aufstockungen und Sanierungen“.
Durch das Untergraben und Abfangen der bestehenden Fundamente konnte das unterhalb des Straßenniveaus gelegene Zwischenplateau der Pressebene tiefergelegt werden, sodass nun vom abgesenkten neu entstandenen Schankraum für Verkostungszwecke eine Blickverbindung in den sandgestrahlten Weinkeller besteht und dessen eindrucksvolle Länge von 50 Metern erlebbar wird.
Von der Straßenebene gelangt man jetzt in eine neu errichtete Raumgruppe mit Technikraum und Gästetoiletten, über eine kurze Treppe hinunter in den tieferliegenden Verkostungsbereich, und über eine einläufige, gerade Betontreppe entlang einer Seitenwand in das Obergeschoß.
Der Innenraum dieses Obergeschoßes wurde nach Südwesten hin durch den eingangs erwähnten verglasten Zubau so erweitert, dass er die vom Bauherrn gewünschten Funktionen erfüllt – hier wird gekocht, verkostet und präsentiert.
Konstruktive Besonderheiten im Detail
Als Gründung für die gartenseitige Erweiterung wurde eine Stahlbetonplatte gewählt, die im Bereich über dem Technikraum in die Deckenkonstruktion übergeht. Für die den Zubau umfassenden, erdberührten Außenwände kam eine abgedichtete und wärmegedämmte Stahlbetonkonstruktion zum Einsatz. Auf diesem Sockel wurde eine Holzriegelkonstruktion errichtet, die zu den benachbarten Gebäuden hin mit Brandschutzwänden abgeschlossen wird. Auch der alte Dachstuhl wurde durch eine neue Konstruktion in Holzriegelbauweise ersetzt. Das teilausgebaute Dachgeschoß ruht auf zwei abgestützten Leimbindern, die sich quer zum Raum spannen. Mit diesem Kunstkniff konnte die, nun unbelastete, Decke aus dem Bestand erhalten werden. Aufgrund des Ensembleschutzes der Kellergasse wurde die straßenseitige Fassade um 60 Zentimeter erhöht und ansonst in den Originalzustand versetzt.
Trotz des verhältnismäßig kleinen Baugrundes entstand ein optimal ausgenutztes Gebäude mit 250 m² repräsentativer Fläche, das den Begriff „Nachhaltige Architektur“ mit Leben erfüllt. Die kreative Empathie des Entwurfs beschränkt sich nicht nur auf die Neugestaltung der Innenräume, sondern bezieht auch die Umgebung mit ein, verbindet Menschen, Orte und vorhandene Technologien und schafft auf diese Weise ein bereicherndes Umfeld.
Bauherr: Clemens Strobl
Planung: architypen, Arch. DI Wolfgang Wimmer