Befestigte Bauten treten in der Geschichte zumeist in Form von Burgen auf und dennoch hat die Kulturlandschaft der Wachau im idyllischen Weißenkirchen ein besonderes Zeugnis für ein Monument nichtadeliger Herkunft aufzuweisen.
Von Dechant und zugleich Archivar Alois Plesser im Jahr 1915 als „der ansehnlichste und interessanteste Hof im Ort“ bezeichnet, findet der Teisenhoferhof in der Häuserchronik der Gemeinde Weißenkirchen, 2022 von Raimund Korner publiziert, reichlich Erwähnung. Ebenfalls 1915 wird der Bau in der Dezemberausgabe des Monatsblatts des Altertums-Vereines zu Wien besprochen: „Diese Wehranlage, welche auch den Westabhang des Kirchenberges mit dem Teisenhoferhof einschloss, wurde bald hernach durch Festungsgraben, Ringmauer und Türme rings um die Pfarrkirche, die zur selben Zeit im Bau vollendet worden war, erweitert.“ In vergangenen Zeiten wurde das Haus auch Schützenhof genannt, denn die örtlichen Armbrustschützen nutzten den Ort für Übungen sowie für ihre Wettkämpfe.
Durch die Verbindung zum Sakralbau, an dessen Fuß das Gebäude liegt, lässt sich auch die Bauchronik ablesen. Denn die Phase, die dem gotischen Hof ab 1525 einen Modernisierungsschub in Richtung antikisierender Renaissance angedeihen ließ, kann mit spätestens 1550 begrenzt werden. In diesem Jahr nämlich wurde die gedeckte Stiege, die zur Kirche führt, errichtet: Voraussetzung hierfür war der Abschluss des Hofumbaus gewesen. Doch zurück zu den mittelalterlichen Anfängen. Wie Fritz Eheim in seiner Rekonstruktion der Baugeschichte darlegt, ist der Bauherr, der „wahrscheinlich um 1350“ in der Zeit der Gotik den Grundstein legte, nicht namentlich überliefert. Trotz aller nachfolgender Besitzerwechsel konnte sich bei der Bezeichnung des Bauwerks die historische Figur des Heinrich Teisenhofer durchsetzen, dessen Präsenz vor Ort in Aufzeichnungen zwischen
1439 und 1468 und auch im Wappen über dem Portal mit Rundtor belegt ist. Mit dem späten Mittelalter erlebte das Bürgertum im deutschsprachigen Raum einen wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Aufstieg und vor diesem Hintergrund versteht sich auch die Karriere des Bürgers Teisenhofer als Mitglied des Rats von Weißenkirchen und würdiger Hofbesitzer.
Rund hundert Jahre und eine stilistische Epoche später erlebt das Bauwerk unter zwei Generationen der Familie Gebl, zuweilen auch als Göbl überliefert, seinen Höhepunkt. „Im Hofe befanden sich u.a. ein Tanzsaal, eine Rüstkammer mit 12 Harnischen und eine eigene Badestube. Das Mobiliar war reichhaltig und kostbar ausgeführt“: darunter drei Himmelbetten; ein Luxusleben, das durch Weinhandel und Ämter finanziert worden war. Und auch der kostbare Familienschatz wurde am Areal aufbewahrt, so Eheim. Die Merkmale der Renaissance zeigen sich markant im Arkadenhof, wie Rupert Feuchtmüller in seiner Abhandlung zum Denkmal darlegt. Im West- und Nordtrakt wurden im Obergeschoß die Arkaden vorgesetzt, woran man auch die spätere Errichtungszeit erkennen kann. Zudem ist die Anordnung gegenüber den Bögen im Erdgeschoß nicht kongruent. „Das zwanglose Darüberstellen, wie man es hier findet, ist eine malerische Besonderheit der heimischen Bauweise“, erklärt Feuchtmüller.
Den Zauber des Innenhofs erlebt man seit 1979 in den Sommermonaten bei Theater unter Sternenhimmel. Das Jahr 2023 steht von Juli bis August im Zeichen der Komödie „Von wegen Mariandl“ unter der Intendanz von Marcus Strahl, der die „Wachau Festspiele“ seit 2005 verantwortet. Einen Zugang zu den Innenräumen ermöglicht das Wachau Museum, das Mitte der 1960er Jahre als Außenstelle des Landesmuseums Niederösterreich eröffnet wurde und seit 2005 von der Marktgemeinde Weißenkirchen, Eigentümerin der Immobilie, inhaltlich bespielt wird. Bürgermeister Christian Geppner verdeutlicht: „Der Teisenhoferhof bildet seit vielen Jahren das kulturelle Zentrum des Ortes. Neben den erwähnten Sommerspielen beherbergt das Wachau Museum aktuell eine Ausstellung zum Thema `60 Jahre Wachaustraße – Straße am Strom´ sowie eine Jubiläumsausstellung von Erich Giese, dem wohl bekanntesten Wachaumaler unserer Tage. Zurzeit wird im Rahmen einer Studie ein neues Nutzungsgebiet für den Teisenhoferhof erarbeitet.“
Seit den 1990er Jahren fanden immer wieder Umbauten statt, darunter auch der Ausbau von Teilen des Dachgeschoßes: zur besseren Nutzung der Innenräume im Rahmen der Ausstellungstätigkeit, aber auch für Veranstaltungen und die „Malerakademie“. Die Geschichte des Wachau Museums, ursprünglich gewidmet den „Wachaumalern“, die mit ihrer Kunst das heutige UNESCO Welterbe meisterlich verewigt haben, empfiehlt sich in Wolfgang Krugs Publikation „Landesmuseum Niederösterreich – 100 Jahre «festes» Haus“ von 2012 nachzulesen. Bis heute entfaltet die museale Weinpresse, eine Leihgabe der Landessammlungen Niederösterreich, im Ludwig-Stüberl des Teisenhoferhofs ihre volle Pracht mit Atlanten, Bacchus und Pferdekopf. Denn wo Wachauer Goldhauben ausgestellt werden, kann es auch zur Welt der Traube nicht mehr weit sein.
Autorin: Dr. Theresia Hauenfels
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohnenfotos: Christoph Bertos