Traditionsverbunden

Umbau Weingut Höllerer in Engabrunn

Traditionsverbunden

Im Weingut Höllerer wird seit über 200 Jahren Wein gekeltert. Der Familienbetrieb bewirtschaftet im südlichen Kamptal 23 Hektar Weingärten in unterschiedlichen Lagen und setzt durch Handlese, Ganztraubenpressung und mehrmaliges, auf den richtigen Reifezeitpunkt abgestimmtes, Ernten auf Authentizität und hohe Qualität.

Alois Höllerer jun. hat den Weinbaubetrieb 2010 von seinem Vater übernommen und führt ihn gemeinsam mit seiner Frau mit Leidenschaft und einem klaren Bekenntnis zu Purismus und Klarheit weiter.

Implantat statt Zubau
Der Generationswechsel im Weingut gab für die junge, inzwischen vierköpfige Winzerfamilie den Anstoß, innerhalb des gewachsenen Hofgefüges zeitgemäßen Wohnraum zu schaffen. Ein befreundetes Architekturbüro aus Innsbruck, Christoph Milborn und Clemens Plank von Imgang Architekten, wurde mit der Aufgabe betraut, die neue Wohnung möglichst organisch in den Bestand zu implementieren. Die Lage des neuen Bauteils im Dachbereich eines Hoftraktes ergab sich aus der Möglichkeit der Anbindung an die bestehenden Wohnräume im zweigeschossigen Haupthaus an der Straße und der günstigen Belichtung von zwei Seiten. Die Dachlandschaft des Hofes, in dem wie bei Weingütern so häufig Wohnen und Wirtschaften eng ineinandergreifen, ist durch Giebeldächer geprägt. Der Entwurf greift diese Charakteristik mit zwei Giebeldächern auf, diese wurden jedoch gegenüber dem Bestand ausgedreht, um die Blickachsen des neuen Hauptwohnraums optimal auf den Hof ausrichten zu können. „Infolge der Ausdrehung steigen die beiden äußersten Traufkanten in entgegengesetzter Richtung an“, so die Architekten, „und erzeugen dadurch sowohl im Innen- als auch im Außenraum eine positive Spannung.“ In Übereinstimmung mit der Kleinteiligkeit der umgebenden Ziegeldächer wurde für die Dacheindeckung ein Rautensystem gewählt.

Konstruktiver Holzbau
Über Konstruktion und Materialität musste nicht lange diskutiert werden, der Holzbau lag schon aufgrund der bestehenden Dachkonstruktion gewissermaßen auf der Hand. Dazu kamen der atmosphärische Mehrwert des natürlichen Baustoffes sowie das pragmatische Argument einer kürzeren Bauzeit. Aufgrund der komplexen Anschluss-Geometrien wurde der konstruktive Holzbau jedoch nicht vorgefertigt angeliefert, sondern auf herkömmliche Weise vor Ort errichtet. Die Wandelemente sind in Ständerbauweise errichtet und mit Zellulose ausgedämmt, ebenso die Sparrenebene des Daches. Sämtliche sichtbaren konstruktiven Elemente muten mit ihrer weißen Lasurschicht nicht vordergründig „holzig“ an, sondern wirken zart, fast abstrakt.

Der Werkstoff Holz entfaltet innen und außen ganz unterschiedliche Qualitäten: Den durchlässigen Raumabschluss zur südlichen Hofseite bildet eine vorgesetzte Holzlattenfassade aus Mini-Brettschichtholzträgern aus vorvergrauter Lärche, die sowohl den Sonnenschutz als auch eine gewisse Privatheit gewährleistet. Zudem bildet diese mit dem Geländer der Südterrasse im Obergeschoß eine nahtlose Einheit und korrespondiert – in typologischer Anspielung auf einen Arkadengang – mit den Fensterachsen des Erdgeschoßes. So werden Bestand und Neubau durch die Holzlattenfassade organisch zu einer Einheit verbunden.

Verschränkung von Alt und Neu
Im Innenbereich prägen die homogenen Dachuntersichten aus weiß lasierten Fichten-Dreischicht-Platten den Raumeindruck. Die Zonierung des neuen Wohnraums unter den Dächern erfolgt nicht durch herkömmliche Wände, sondern durch zwei freistehende Quader aus Dreischichtplatten, die die Garderobe und die Küche in sich aufnehmen. Durch die beiden eingezogenen Terrassen an der Nord- und Südseite des Hofes und die geschickt geführten Blickachsen sind Innen- und Außenräume eng miteinander verschränkt, sodass die Wohnbereiche im Bestand und jene im neuen Dachgeschoß ihre spürbare Eigenidentität behalten und trotzdem als zusammengehörig wahrgenommen werden. Die neue Zeitschicht des Weinguts, die sich weder versteckt noch in den Vordergrund spielt, schreibt das Bestehende selbstverständlich und eigenständig weiter.

Eigentümer: Alois und Nicole Höllerer

Planung: Architekten: DI Christoph Milborn und DI Dr. Clemens Plank
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mgang Architekten ZT GmbH