Von außen gesehen ist alles beim Alten geblieben, möchte man meinen. Erst wenn man den Innenhof des Gebäudes betritt, eröffnet sich dem Betrachter der wahre Umfang der Neugestaltung, Sanierung und Renovierung dieses kleinen, eingeschoßigen Vierkanthofes direkt an der Hauptstraße in Kritzendorf.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Resperger-Hof in Familienbesitz und wird bis heute, nach alter Familientradition, als Heurigenbetrieb im Nebenerwerb geführt. “Ausgsteckt“ ist ca. vier Wochen im Jahr. „Den Heurigen nebenbei zu machen, funktioniert nur, wenn die ganze Familie mithilft, alles andere ist unwirtschaftlich,“ erklärt Barbara Cudy, deren Mutter einst am Hof aufgewachsen ist und deren Sohn Florian nun den Heurigenbetrieb neben seinem Hauptberuf weiterführen wird.
Möglichst kurze Wege
Die Vorgabe an das Team von Dreer2 Architekten war, dass Wohnung und Betrieb aus ökonomischen Gründen unter einem Dach sein müssen. Nachdem der Hof früher als Landwirtschaft betrieben wurde und die Stallungen noch vorhanden waren, planten die Architekten den Wohnbereich, in diesen Trakt zu legen. Der südliche Dachstuhl wurde abgetragen und durch ein großzügiges Wohngeschoß ergänzt. Jenes Obergeschoß kragt in das vierseitig umschlossene Atrium. Unter der stützenfreien Auskragung befinden sich während der warmen Jahreszeit witterungsgeschützte Sitzplätze, ein bisschen Regen vertreibt die Heurigenbesucher nun nicht mehr. Die ungünstige Belichtungssituation in den ehemaligen Stallungen, bedingt durch die starke Hanglage des Gebäudes einerseits und die Feuermauer zum Nachbargrundstück andererseits, lösten die Architekten mit Dachflächenfenstern, offenem Stiegenhaus, Galerie und raumhohen Fenstern Richtung Innenhof. Die straßenseitige Dachsilhouette blieb unverändert, die strengen Vorgaben seitens des Ortsbildes wurden somit eingehalten.
Ehemals „Schönwetterheuriger“
Der älteste Teil des Hofes stammt vermutlich aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts – ganz genau wisse man das nicht, erklären die Besitzer. Früher war dieser straßenseitige Bereich mit zwei Kabinetten und einer kleinen Küche der einzige Wohnraum im Haus. Heurigenbetrieb gab es in dieser Zeit demnach nur bei Schönwetter im Innenhof, die kleine Privatküche diente damals als Gästebuffet. Heute ist in diesem Gebäudeteil die Ausschank untergebracht.
Bezaubernd: der Innenhof
Damals wie heute ist der Innenhof das Herzstück der Lokalität. Vor dem Umbau gab es im Gebäude große Niveauunterschiede, die überbrückt werden mussten. Auch der Innenhof hatte eine starke Schrägneigung. „Früher sind die Heurigentische im Hof so schief gestanden, dass man zuerst ´runtertrinken musste, bevor man das Glas hinstellen konnte“, scherzt Barbara Cudy. Die unterschiedlichen Ebenen wurden von den Architekten wunderbar angeglichen und wesentlich reduziert. Aufgrund der bestehenden Innenniveaus musste der Hof allerdings ein wenig schief bleiben, was jedoch gastronomisch kein Problem mehr darstellt und als lieb gewonnenes Merkmal an die schräge Vergangenheit erinnert, wurde doch hier sozusagen eine Macke zur Marke.
Besonderen Charme verleihen dem Hof auch die alten Natursteinplatten die, früher in Lehm gebettet, nun professionell wieder verlegt wurden. Straßenseitig angrenzend entstand im Zuge der Renovierungsarbeiten die gemütliche Gaststube. Die großen Fensterfronten bieten hier ungetrübten Blick in den charmanten Hof, über den sich Weinstöcke ranken, die über 100 Jahre alt sind, den Umbau gut überstanden haben und so jetzt als natürliche Schattenspender dienen. „Das Grundkonzept der Architekten war stets, den Hof ins Innere zu holen“, erklärt die stolze Bauherrschaft. So wie es aussieht, hat das bestens funktioniert.
Eigentümer: privat
Planung: DREER2 architekten