VIRTUELLE RÄUME | Teil 3

SPIELE UND ARCHITEKTUR
Bild Natalie Denk
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In der Begegnung mit Menschen, die in Niederösterreich im digitalen Raum gestaltend und forschend aktiv sind, führt auch kein Weg an Krems vorbei. An der Universität für Weiterbildung in Krems leitet Mag. Natalie Denk, MA das Zentrum für Angewandte Spieleforschung am dortigen Department für Kunst- und Kulturwissenschaften und ist in dieser Institution seit 2014 als Wissenschaftlerin tätig und in nationalen sowie internationalen Forschungsprojekten involviert.

Spiele und Architektur mögen auf den ersten Blick kaum Berührungspunkte aufweisen. Doch jedes Videospiel braucht auch eine gute Kulisse. Deswegen nimmt der Raum, der die Spielenden umgibt, eine enorm wichtige Rolle für die Spielerfahrung ein. Wir können ihn wahrnehmen, betreten und mit ihm interagieren, alles innerhalb eines vorgegebenen Regelwerkes, die das Spiel zulassen. Umso näher kommen wir diesem Raum, wenn er nicht nur auf einem zweidimensionalen Monitor abgebildet ist, sondern die Spielenden in eine dreidimensionale Virtualität einbettet.

Doch abseits aller Technologien: Warum spielen Menschen?
Belege dafür gibt es wohl bereits seit dem Anbeginn der Menschheitsgeschichte. Schon archäologische Funde aus der Steinzeit deuten auf Kinderspielzeug hin. Auch heute ist das Spielen ein essenzieller Bestandteil der Entwicklung von Kindern. Spielen heißt die Welt erfahren, lernen und sich freiwillig Problemen und Herausforderungen zu stellen. „Wir können etwas in einem sehr geschützten Rahmen ausprobieren. Wenn wir im Spiel einen Fehler machen, ist das für die echte Welt kein Problem. Das ist das Schöne, wir dürfen auch Fehler machen“, erklärt uns Natalie Denk im Gespräch.

Für sie ist das Eintauchen in eine mediale Welt bzw. in eine Geschichte nicht automatisch mit VR-Technologien zu verknüpfen. Für eine immersive Erfahrung braucht es also keine VR-Brille. Immersion wird erreicht durch die Interaktion der jeweiligen Person mit der virtuellen Welt. Dadurch, dass sie nicht echt ist, muss der Spieler, um die Erfahrung genießen zu können, seine Ungläubigkeit, die er sonst in der echten Welt braucht, ablegen und sich darauf einlassen. Hierbei spielt auch der gestaltete Raum eine wichtige Rolle, zeigt die Spieleforscherin auf. „Die Frage ist auch was für einen Anspruch die Leute an die jeweiligen Räume haben. In VR hat man einen viel höheren Realitätsanspruch als in anderen Medien. Man möchte die Illusion haben, in einem virtuellen Raum zu sein. Da fallen störende Momente viel schneller auf, zum Beispiel wenn die echte Körpergröße nicht jene im Spiel widerspiegelt. Das fühlt sich komisch an. Das wäre bei einem Monitor nie ein Problem.“

Früher haben angehende Architekten mit Bausteinen gespielt oder Lego Häuser gebaut. Ist das heute anders?

Die Ausstellung „Serious Fun. Architektur und Spiele“ im Architekturzentrum Wien (17.03. – 05.09.2022), zu welcher auch eine Publikation der Kuratorin Mélanie van der Hoorn veröffentlicht wurde, zeigte unter anderem Möglichkeiten auf, Menschen spielerisch in die Entwicklung von Gebäuden, Städten und Situationen zu involvieren. Von der Spieleentwicklung bis zur Architektur, beide Disziplinen erfordern Kreativität in der Generierung eines von Menschen genutzten Raumes. Ob digital oder analog – Spielen selbst ermöglicht auch einen produktiven Ausgang. „Jedes Spiel hat zwar Regeln, aber innerhalb dieses Regelwerkes gibt es einen gewissen Freiraum, der einen kreativen Prozess ermöglicht und zum selbstständigen Denken anregt. Man hat nicht immer nur den einen richtigen vorgegeben Weg und so kann, oder muss man Entscheidungen treffen“, führt Natalie Denk weiter aus.
Darüber hinaus wird man in Spielen wie Minecraft aktiv zu kreativen Prozessen angeregt, da man die Möglichkeit bekommt, seine Umwelt mithilfe eines Modulbaukastensystems zu verändern. Die Spielwelt besteht aus Blöcken, die sowohl abgebaut („Mine“) als auch platziert werden können. Neben dem Kreativmodus, in dem man frei zwischen hunderten von verschiedenen Blöcken verfügt, muss man im Überlebensmodus jede Bauressource selbst erkunden und ernten. Die Existenz von feindlichen Monstern macht den Bau eines Unterschlupfes zu einem Teil des Spiels und somit unabdingbar. Hierbei haben alle die Wahl über ihr Zuhause. Egal ob Schlammhütte oder Prunkhaus: Raum Gestalten ist hier ein essenzieller Bestandteil der Spielmechanik. Das Spiel bietet sehr viele Tools für das schöpferische Arbeiten. Besonders Jugendliche kommen in ihrer Freizeit mit dem Interesse am Konstruieren in Kontakt. So bauten zum Beispiel Schüler in einem Sommerprojekt der Universität für Weiterbildung in Krems das Gebäude in Minecraft maßstabsgetreu nach.

Natalie Denk resümiert: „In Spielen hat man überall einen Ort, wo man ist oder hingebracht wird. Die jeweilige Spielmechanik muss mit dem Ort stimmig und in sich logisch sein.“ Für den Kreativ-Schaffenden sowie den Nutzenden bietet VR eine Möglichkeit für ein intuitiveres Raumverständnis im digitalen Raum. „VR hat ganz viel mit dem Kreieren einer Illusion zu tun.“

Autor: Boris Hauenfels