Umbau eines alten Hauses in Heiligenkreuz. Ein vor fast 120 Jahren in Heiligenkreuz errichtetes Haus wurde funktionell und architektonisch aufgewertet. Dabei wurde sein ursprünglicher Charakter wiederentdeckt.
Die Ausgangslage
Ein altes Haus im Wienerwald sollte es sein, gut erhalten und dennoch leistbar. Darüber waren sich die Bauherrn einig und stellten sich schon mal auf eine längere Suche ein. Im Vorfeld gab es viele Gespräche, in denen die Partner ihre ganz persönlichen Wohnträume erläuterten und gemeinsame Zielvorstellungen entwickelten. So entstand nach und nach ein umfassender Katalog, der Grundlegendes wie die Grundstücksgröße, die Lage und Ausrichtung – nach Süden – und den Bedarf an Wohnfläche ebenso enthielt wie bereits viele konkrete Details der Ausführung. Im Anschluss an eine bekannte TV-Sendung zum Thema „Schönes Wohnen“ trat mit Martin Rührschopf auch bald ein Architekt auf den Plan, unter dessen fachkundiger Betreuung das Vorhaben in Angriff genommen werden konnte.
Der Herausforderung gestellt
Ein geeignetes Objekt wurde schließlich in Heiligenkreuz gefunden. Es handelt sich um ein in den Hang gebautes Haus aus dem Jahr 1896, direkt an der Hauptstraße, das einst zum Stift gehörte. Die sorgfältigen Prüfungen ergaben, dass das so genannte „Abbruchhaus“ zwar sowohl technisch als auch funktionell längst nicht mehr zeitgemäß war, aber eine durchaus erhaltenswerte Substanz mit soliden 80 Zentimeter dicken Wänden und einwandfreien Dach- und Deckenkonstruktionen aufwies. Beim Konzept der erforderlichen Sanierungs- und Neugestaltungsmaßnahmen kam das „Simultan planning“ zur Anwendung.
Ein sehr effizientes Verfahren, bei dem der Planer direkt vor Ort arbeitet und jeden vorgesehenen Schritt sofort anhand der realen Bedingungen prüfen kann. So entstanden in nur einem Arbeitstag sowohl das Sanierungskonzept als auch der Vorentwurf unter dem Leitbild: „Neues Leben im alten Haus: unkompliziert, vielseitig, wahrhaftig“.
Mut zu unkonventionellen Methoden
Nach dem Entfernen der vorgehängten Eternitplatten und dem Abschlagen der losen Putzteile stellte sich heraus, dass die Wände des Hauses vorwiegend aus Naturstein bestanden und vor allem an der Hangseite und im Erdgeschoß stark durchfeuchtet waren.
Der heutige Stand der Technik lässt sich in Altbauten nicht immer normgerecht verwirklichen, vielmehr steht die Angemessenheit der jeweiligen Maßnahmen im Vordergrund. Denn der unreflektierte Einsatz von Technologien, die sich am Neubau bewährt haben, ist beim Altbau problematisch und oft mitverantwortlich für Kostensteigerungen und spätere Bauschäden. Statt einer sehr aufwändigen Trockenlegung und thermischen Sanierung der Wände wurde daher ein völlig anderer Weg beschritten. Zunächst galt es, die auf dem Lehmuntergrund errichteten Böden sowie rund 40 cm alte Schüttung und Lehm im Erdgeschoß hier zu entfernen und einen planen Untergrund herzustellen. Anschließend wurden innen entlang der Fundamente sowie einzelnen Mauerabschnitten und den Deckenkappen Kupferleitungen verlegt und angeputzt. Über dieses Rohrsystem wird Wärme aus der 24 m2 Solaranlage am Dach als „Bauteilaktivierung“ eingeleitet und das ganze Jahr über eine sanfte Durchwärmung und damit Austrocknung des Gebäudes erzielt. Für die Dämmung unter dem neuen Fußbodenaufbau wurde Schaumglasgranulat verwendet. Ein Material, das sich durch seinen guten Dämmwert auszeichnet und im Gegensatz zu anderen Materialien nicht den Abtransport der Feuchte über die Raumluft verhindert. Die Decke zum Dachboden wurde mit Perlite, einem Dämmstoff, dessen Ausgangsmaterial vulkanisches Gestein ist, ausgeführt.
Neue Raumordnung – nachhaltiger Materialeinsatz
Einige Innenwände mussten schon fallen, um das von den Eigentümern gewünschte Raumkonzept zu verwirklichen, und die ursprünglich an der Straßenfront gelegenen Wohn- und Schlafräume wurden an die ruhige und sonnige Gartenseite mit Blick nach Süden verlegt. Dort befindet sich nach dem Umbau auch der neue Haupteingang. Am einstigen Stadel wurde die desolate Holzschalung entfernt und anschließend die teilweise abgesackte Konstruktion wieder ins Lot gebracht.
Darunter entstand für den Küchen- und Essbereich ein gläserner Zubau und vorgelagert eine große, witterungsgeschützte Terrasse.
Durch Abbruch gewonnene Ziegel und Natursteine wurden wiederverwendet und die meisten der recht gut erhaltenen Kastenfenster und Innentüren fachgerecht saniert. An der Südseite sind nun neue, größere und energiesparende Fenster eingebaut, die viel Sonne ins Haus bringen und Ausblick auf die grünen Hügel der Umgebung bieten. Die neuen Böden in den Wohnräumen bestehen aus massivem Eichenholz und in den Nassräumen wurde Naturstein verlegt.
Fazit: Aus einem alten, bereits aufgegebenen Haus entstand im Rahmen des vorgegebenen Budgets ein wahrhaftiger Wohntraum mit Charakter und Flair. Dank klarer Zielsetzung und schlauer Planung wurde viel Geld gespart und noch mehr Lebensqualität erzeugt. „Es ist uns gelungen, dem Haus seine Seele wiederzugeben“, sind sich die Eigentümer und der Architekt einig.
Bauherr: Familie Breit-Höretzeder
Planung: Architekt Martin Rührnschopf