Wohnhaus im Weinviertel

Vom desolaten Industriebau zum Wohntraum am Wasser

Vom desolaten Industriebau zum Wohntraum am Wasser

Direkt am Mühlbach in Laa wurde eine ehemalige Autowerkstatt zum Wohnloft umgebaut. Das Ergebnis setzt Standards in der Wiederaufbereitung von Baukörpern, die sonst ein Fall für die Abrissbirne wären. Ein Modell, das Schule machen sollte.

Die heutigen Eigentümer stießen 2010 bei ihrer Suche nach einer Immobilie auf die seinerzeit recht abgewirtschaftete Liegenschaft. Der Plan war kühn, ließ sich aber in die Tat umsetzen: Das Architektenbüro Studio Hoffelner Schmid nahm sich der Gebäudegruppe an und erweckte sie zu neuem Leben. Am auffälligsten ist dabei der neue zinkblechverkleidete Gebäudeteil direkt am Bach – urban, authentisch und mit einem leichten maskulinen Flair, aber ohne den Lärm und die Luft des alten Kfz-Betriebs.

Die Wiederverwertung von Bausubstanz
Erstrahlt ein Selbstbewusstsein aus, das sich auf den Wert der eigenen Ideen und ihrer zielstrebigen Umsetzung bezieht und daher gerade heute ein vorbildliches Beispiel für das ist, was gute Baugestaltung leisten kann. Hier wurde gewachsener Baubestand gerettet, recycelt und mit neuer Bedeutung versehen. Und das ist in ähnlicher Form auch mit vielen anderen Liegenschaften möglich, denen man das nicht auf den ersten Blick ansieht.

Die Anlage besteht aus drei Baukörpern:
Straßenseitig begrenzt das Grundstück ein zweistöckiges Einfahrtsgebäude aus den sechziger Jahren, welches früher als Verkaufsraum und heute als Werkstatt und Lager genutzt wird. Dahinter, direkt am Mühlbach gelegen, befindet sich ein zweites, zweigeschossiges Gebäude aus den zwanziger Jahren in dem die ehemalige Auto-Werkstatt untergebracht war. Dieses wurde bereits mehrfach erweitert, umgebaut und stand dann viele Jahre leer. Dazwischen liegt ein begrünter, uneinsehbarer Innenhof, den man einst als Lagerfläche genutzt hat.

Ein Fall für die Abrissbirne
Das Paar war von den hohen Räumen der Werkstatt, den alten Stahlträgern, den großen Holztoren und den Fabrikfenstern und der angedeuteten Galerie im hohen Werkstattbereich besonders angetan. Vom großen Werkstatt-Fenster aus kann man den Mühlbach sehen, auf dem die Enten schwimmen. Verschiedene Baufirmen und Architekten gaben dem Paar den Rat zum Abbruch – keineswegs nur aus Einfallslosigkeit, sondern auch aufgrund der teilweise schlechten Bausubstanz, denn Dach und Außenwände der Werkstatt waren äußerst baufällig. Erst nach einigem Suchen fand sich ein Planungsbüro mit genügend Fantasie und Liebe für alte Bausubstanz, die sich mit dem Objekt befassen wollten.
Zunächst wurden die schadhaften Teile, ähnlich wie bei einem Auto, ausgetauscht, wobei die alte Stahlrahmen-Konstruktion sichtbar belassen wurde. Die Holzelemente der neuen Wände wurden ökologisch mit Zellulosedämmung ausgeblasen. In Anlehnung an die ehemalige Funktion einer Werkstatt wurde der gesamte Gebäudeteil mit einer Metalldeckung eingehüllt.

Verglastes Dach schafft Wohnkomfort
Das bestehende Gebäude aus den zwanziger Jahren wurde behutsam saniert und beherbergt nun im Erdgeschoß die Küche, das Badezimmer mit Sauna, sowie Nebenräume. Die im Obergeschoß gelegenen Schlafräume sind über eine Galerie im Wohnbereich zu erreichen. Für eine natürliche Belichtung des hohen Wohnraums sorgt eine große, verglaste Dachöffnung, damit ist ein besonders behaglicher Wohnbereich entstanden: Von hier aus kann man die Kastanienbäume im Jahreslauf oder vorüberfliegende Vögel beobachten.

In den Innenräumen wurden vorhandene bauliche Relikte wie Sichtziegelmauerwerk, Kappendecken, oder die typischen Industriefenster instand gesetzt. Auch das alte Werkstatttor wurde wieder in seiner ursprünglichen Farbe gestrichen, die Stahlträger mit ihren Aufhängevorrichtungen restauriert und über dem Küchenblock hängen keine gewöhnlichen Lampen im Retro-Stil, sondern die originalen Werkstattlampen. Dadurch wurde beiläufig ein Materialwechsel eingerichtet, der schon etwas von Rhythmus und Melodie hat: Metall, Holz, Beton und Sichtmauerwerk setzen sich im Innenhof fort.

In einer zweiten Bauphase wurde das Vorderhaus in das Baukonzept einbezogen. Es wurde verkleinert, teilweise begrünt und mit einer neuen Fassade aus Holzlamellen versehen. Dort, wo es ging, griffen die Bauherren beherzt zu und wirkten mit eigener Kraft an ihrem Wohntraum mit, den sie auch schon genießen können: Wasserseitig befindet sich eine Terrasse zum Entspannen und Kaffee trinken, inzwischen ist der Innenhof begrünt und die kleine Tochter ergänzt das Familienglück.

Eigentümer: Privat

Planung: Hoffelner Schmid Architekten GmbH