Dies hier ist die außergewöhnliche Geschichte einer 40 Jahre dauernden Renovierung, die nur durch den unermüdlichen Einsatz vieler engagierter Helfer möglich wurde. Freiwillige aus der Bevölkerung, aus Vereinen und Firmen sowie eine große Zahl von Spendern, die Geld, Material, Speisen und vor allem ihre wertvolle Zeit zur Verfügung stellten, ließen das Werk gelingen. Einen ganz wesentlichen Anteil am glücklichen Ausgang der Geschichte hat der Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein Eichgraben (FVV). Er wirkte immer als Triebfeder und unterstützte maßgeblich die Finanzierung. Das 50 Jahr-Jubiläum dieses Vereins im Vorjahr wird der Bevölkerung von Eichgraben noch lange im Gedächtnis verankert bleiben. Denn gleichsam als Höhepunkt der Festlichkeiten erhielt ihre kleine Kirche ein neues Fassadenkleid und erstrahlt nun auch äußerlich wieder in frischem Glanz.
Wie alles begann
Die 1896 eingeweihte, neugotische Herz-Jesu Kirche, von den Einheimischen liebevoll „Kleine Kirche“ genannt, war das erste Gotteshaus in der zu dieser Zeit noch jungen Wienerwaldgemeinde Eichgraben. Mit ihren 116 Jahren zählt sie zu den ältesten Bauwerken im Ort, das seine Entstehung der Initiative einiger zielstrebiger Bürgerinnen verdankt. Die frommen Frauen waren es eines Tages leid zum Gottesdienst immer nach Maria Anzbach pilgern zu müssen. Als 1951 der so genannte ‚Wienerwalddom“ – die heutige Pfarrkirche – errichtet wurde, geriet die Kleine Kirche bald ins Hintertreffen und diente nur mehr sporadisch als Aufbahrungshalle und Einsegnungskapelle. Danach wurde sie über 25 Jahre nicht mehr genutzt.
Vergessen und wiederentdeckt
Die Zeit hinterlässt auch an leerstehenden Gebäuden ihre Spuren und so wurde die Kleine Kirche über die Jahre unbemerkt zu einem großen Sanierungskandidaten. Nachdem jahrzehntelang keine Handwerksarbeiten durchgeführt wurden, waren das Mauerwerk, der Terrazzoboden und die gesamte Innenausstattung stark beschädigt und renovierungsbedürftig. Da aus ihrer Sicht kein Bedarf für eine Zweitkirche bestand, wollte die Diözese aber keine Mittel dafür zur Verfügung stellen. Im Gegensatz dazu haben die Eichgrabner ihre erste Kirche stets als kulturelles Kleinod betrachtet, das, wie auch immer, erhalten werden sollte. Als Auftakt zu der insgesamt vier Jahrzehnte dauernden Renovierung wurden 1975 zunächst der Vorplatz und das Geländer neu gestaltet. 1979 war es wieder eine Frau, diesmal aus dem FVV, die vehement für die Erhaltung dieser Kleinen Kirche eintrat und Gleichgesinnte um sich sammelte.
Mit Begeisterung ans Werk
Über die Regionalzeitschrift „Eichgrabner“ wurde die Bevölkerung befragt, was mit der Kleinen Kirche weiter geschehen solle. Daraufhin meldeten sich mehr als 200 Menschen, um sich für die Erhaltung des ältesten unveränderten Bauwerkes im Ort einzusetzen – der FVV sollte hierfür ein Sanierungskonzept ausarbeiten. Auch beim Pfarrgemeinderat wurden die Ideen interessiert aufgenommen und alsbald einigte man sich darauf, das Gotteshaus nach einer Sanierung und sanften Modernisierung wieder für sakrale Zwecke zu nutzen. Der bereits erwähnte Aufruf in der Regionalzeitung stieß auf enormen Widerhall und es erklärten sich auch viele Eichgrabner bereit, unentgeltlich an dem Projekt mitzuarbeiten oder mit Geldspenden zu helfen. Zu den notwendigen Renovierungsarbeiten zählten das Trockenlegen und Ausbessern des Mauerwerks sowie die Reparatur des Steinfußbodens mit Einbau einer Fußbodenheizung. Weiters galt es die Elektroinstallationen auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, auszumalen und last but not least sämtliche Anstriche am Altar, den Chor- und Wandverkleidungen, am Gestühl, den Fenstern und Türen sowie der Stiege zu erneuern.
All diese Arbeitsschritte wurden mit vereinten Kräften in nur zehn Monaten ausgeführt und am 21. Dezember 1980 konnte das Gotteshaus neuerlich eingeweiht werden. Zehn Jahre später war das historische Bauwerk erneut in Nöten. Das Turmkreuz stand schief und konnte jetzt und jetzt abstürzen. Die Feuerwehr Eichgraben sicherte es provisorisch mit Seilen und so konnten die Sanierungsarbeiten auf den Herbst verschoben werden, um die im Turm beheimateten Fledermäuse nicht beim Brüten zu stören. Die Bestandsaufnahme zeigte dann, dass das Turmdach vom Holzaufbau bis zur Kupferdeckung neu zu machen war. Über den Eichgrabner wurde wieder um Spenden ersucht und der FVV stellte ein Drittel seiner Flohmarkteinnahmen bereit. Erstmals beim Flohmarkt wurde dann der Nagelstock aufgestellt, ein Baumstrunk, in den man geschmiedete Nägel gegen Spende für die Turmsanierung einschlagen konnte. Mittlerweile hat er einen fixen Platz an einer Außennische nahe der Sakristei und ist zu einem Brauchtumsobjekt geworden. Brautpaare und Taufpaten schlagen Nägel mit Initialen als Glücksbringer ein.
Die letzte Renovierungsphase …
… war ein Kraftakt für alle Beteiligten. Sowohl die in die Jahre gekommene Fassade, wie auch das desolate Dach mussten vollständig erneuert werden. Erforderlich waren ein neuer Anstrich, die Verfugung des Natursteinsockels sowie das Abklopfen feuchter Putzstellen und die darauf folgende Reparatur. Außerdem musste das Sandsteinhauptportal saniert werden, es galt die Fensterscheiben zu fixieren und die Turmfensterjalousien und Außentüren neu zu streichen. An den Fensterparapeten und Strebepfeilerschrägflächen sollten Kupferabdeckungen angebracht werden.
Wieder fanden sich viele Helfer aus der Pfarre, der Gemeinde, der Wirtschaft und der Bevölkerung bereit, ehrenamtlich bzw. kostengünstig mitzumachen. Die Marktgemeinde unterstützte das Projekt mit Gerät vom Bauhof und die Feuerwehr stand mit dem Kranwagen bereit. Noch vor dem Winter 2012/2013 waren die wichtigsten Arbeitsschritte erledigt. Den feuchten Putz abgeschlagen, Sockelsteinfugen geöffnet, eine Schottertraufe erstellt, die Fassade und Sockelsteine hochdruckgereinigt und die Verblechung der Strebepfeiler bzw. Fensterbänke montiert. Im darauf folgenden Frühjahr wurde, sobald es die Witterung zuließ,
mit den Verputz- und Verfug- sowie Maler- und Anstreicherarbeiten weitergemacht und im Spätsommer war das Werk vollbracht.
Das Geschenk, das der FVV mit Unterstützung der Diözese St Pölten, des Bundesdenkmalamtes und der Landesregierung allen Eichgrabnerinnen und Eichgrabnern anlässlich seines 50jährigen Bestehens machen wollte, konnte übergeben werden. Nun erstrahlt die Kleine Kirche wieder in ihrer ursprünglichen Farbe, einem hellen Ockerton, der an Sandstein erinnert. Möge sie allen, die vorbei oder hinein gehen, zur Freude gereichen!
Bauherr: Gemeinde Eichgraben
Planung: FVV Eichgraben