Der Pfarrhof gehört ohne Zweifel zu den ältesten erhaltenen und schönsten Gebäuden Eggenburgs, erbaut 1534 als dreigeschoßiger Renaissancebau mit seinem markant geschwungenen Giebel.
Heute zählt er zu den wertvollsten Pfarrhöfen Niederösterreichs. Er ist aufgrund vieler, in der Vergangenheit bewerkstelligter Ein- und Umbauten, ein beredter Zeuge der Geschichte, dessen Wert als Kulturjuwel gerade auch darin liegt, dass sich in ihn bautypologisch ganze Epochen eingeschrieben haben. Wer so etwas haben möchte, braucht mindestens 485 Jahre Geduld.
Liebe auf den zweiten Blick
Im 18. Jahrhundert fiel das Haus an die Gemeinde, seit 1792 dient es als Pfarrhof. Obwohl das Bauwerk zunächst einen schlichten, reduzierten Eindruck macht, steckt es voller interessanter Details. So zeigt die Fassade unregelmäßige Fensteröffnungen mit Steingewänden, gedrehten Basen, gekehlten Sohlbänken und verstäbten Verdachungen aus der Zeit, als dieses Gebäude noch ein Neubau war. Im Obergeschoß befindet sich eine Rundnische mit Kartuschenrahmung und einer Hirtenfigur aus dem 18. Jahrhundert. Das Rundbogenportal wird von Kandelaber-Pilastern flankiert, darüber befindet sich ein Porträtkopf. Über dem Portalgewände mit seinen profilierten Feldern und Rosetten liegt ein Gebälk mit Blattrankenfries und Delfinen.
Innen sind noch die originalen Kreuzgrat- und Tonnengewölbe erhalten, im halbrunden Treppenhaus führt eine spätgotische Spindeltreppe ins Obergeschoß. Dort gelangt man in eine eingewölbte Halle mit einem Portal mit dem Wappen der Rauber. Im 16. bis 17. Jahrhundert wurde ein Hofflügel erbaut, dazu gibt es noch einen zweigeschoßigen Speicherbau mit Rundbogenportal und Gewölbekeller. Kurzum: Der Eggenburger Pfarrhof ist historische Bausubstanz par excellence und war deshalb mit äußerster Behutsamkeit zu sanieren. Erst hier zeigt sich Architektur in Bestform wenn die originalgetreue Ausstrahlung des Objekts unbeschadet bleibt und zugleich fit ist für die kommenden Epochen. Die inneren Werte
So wenig man davon sieht, so viel steckt davon im Innern: Viele Tausend Stunden freiwilliger Helfer wurden aufgebracht, um dieses Bauvorhaben überhaupt umsetzen zu können, belaufen sich doch die Nutzflächen im Inneren auf ca. 800 m². In bautechnischer Hinsicht war sehr viel zu tun, denn es ging um die Generalsanierung samt Einbau einer komplett neuen Haustechnik. Zudem wurden im Hofbereich in Zusammenarbeit mit dem Krahuletz-Museum archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Danach wurde der Gartenbereich gänzlich neugestaltet. Das Obergeschoß wurde ebenfalls saniert und umgebaut. Nicht mehr tragfähige Holzdecken mussten ausgetauscht, Fenster und Türen komplett erneuert und wertvolle Sandsteinteile im Außenbereich saniert werden. Der multifunktional nutzbare Saal im Obergeschoss ist nun behindertengerecht vom Garten aus durch einen neuen Außen-Windfang zu erreichen.
Sichtbar architektonisch
Dafür, dass aus denkmalpflegerischer Sicht möglichst wenig passieren sollte, sind die architektonischen Veränderungen aber doch sehr deutlich: Der neue Eingang in den Veranstaltungsraum im Obergeschoss erschließt das Ensemble auf neue Weise. Mit dem vorgesetzten rohen Sichtbeton-Kubus hebt er sich erkennbar von der historischen Substanz ab. Zudem konnte nach Freigabe des Bundesdenkmalamtes eine rezente Vermauerung in einer gartenseitigen Außenmauer entfernt werden. Eine kleine Maßnahme mit großer Wirkung, denn damit konnte die einstige direkte Verbindung des Eingangsbereiches in der Pfarrgasse mit dem dahinterliegenden begrünten Innenhof wiederhergestellt werden und der Durchgang und Zugang zu den Räumlichkeiten im Inneren wieder mit Tageslicht versorgt werden.
Eigentümer: Röm. Kath. Pfarre Eggenburg
Planung: DI Hannes Metzger | GRMW architektur