Zeuge einer längst vergangenen Zeit

Restaurierung des Holzingerhauses in Krems-Stein

Zeuge einer längst vergangenen Zeit

Ein Glücksfall: In einer Zeit, in der viele Gebäude zur Sichtbarmachung ihrer selbst benutzen, gibt es auch jene, die einem alten ehrwürdigen Haus planerisch nicht zu nahe treten – so geschehen beim Holzingerhaus in Krems-Stein.

Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: So frisch, als wären nicht eben vier Jahrhunderte verflossen. Und so gut, dass die nächsten vier auch nur ein Katzensprung sein werden. Das zeugt von Respekt vor der Objektgeschichte, aber auch vor den alten Meistern, die seinerzeit wirklich Zeitloses geschaffen haben.

Sanierung ohne gestalterischen Eingriff
Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg, der im Holzingerhaus gemeinsam mit Dr. Imma Walderdorff eine beratende Denkmalwerkstatt betreibt, schuf ein Referenzobjekt für Baudenkmalpflege, wie sie sein soll: vor allem zurückhaltend, unprätentiös, achtsam und überlegt. Aber in jedem Detail auf höchstem Niveau.

Dabei haben die Vorbesitzer in vergangenen Jahrhunderten durchaus modern geplant: Christoph Holzinger, nach dem das Haus benannt ist, ließ 1599 mehrere mittelalterliche Bauten zu einem repräsentativen Gebäudekomplex erweitern. Sein Wappen und die Jahreszahl befinden sich am reich geschmückten Rundbogenportal. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dem Hoftrakt ein zweigeschossiger Arkadengang mit toskanischen Säulen vorgesetzt, der dem Innenhof seinen besonderen Charakter verleiht. Danach gab es keine grundlegenden Änderungen mehr – und so blieb es bis heute.

Referenzobjekt für Denkmalliebhaber
Von 2016 bis 2018 erfolgte eine Generalsanierung, die aufgrund baulicher Schäden dringend notwendig war. Hierbei setzte man das Bauwerk behutsam instand und erneuerte die künstlerische Ausstattung, vor allem die reichen, originalen Stuckaturen. Im April 2018 bezog die Denkmalwerkstatt in diesem Haus ihre Räumlichkeiten. Sie wirkt beratend, dokumentiert die Geschichte historischer Häuser und macht direkt am Objekt anschaulich, wie Baudenkmalpflege funktioniert.

Desweiteren befindet sich eine kleine Vinothek in dem Haus, das schließlich auch noch drei Mietwohnungen enthält, die allerdings eher kleinräumig sind. Überall in diesem Gebäude hat man den Eindruck, dass eigentlich gar nicht besonders viel gemacht worden ist: weiße Wände, urige Gewölbedecken, schwere Bodendielen, da und dort historische Möbelstücke. Trifft man auf etwas Modernes wie Sanitäranlagen oder Treppengeländer, so ist es immer reduziert, spartanisch. Damit ist das Grundprinzip dieser Restaurierung abgesteckt: Es ging eben nicht darum, irgendwas irgendwie zu inszenieren oder das Alte museal in den Vordergrund zu rücken. 420 Jahre sind hier in diesem Haus völlig normal, und argumentieren müsste das Neue, die Veränderung.

Baugeschichte zum Durchschreiten
Zu den baulichen Besonderheiten an der Fassade gehören ein architraviertes Steingewändefenster und ein kleines abgemauertes gotisches Fenster. Ein rundbogiges Portal ist seitlich angeordnet und mit Rankenfeldern im Gewände verziert. Auf dem Keilstein befindet sich das Wappen des Erbauers samt Jahreszahl 1599. Relieffiguren zeigen einen Ritter mit Kelch, einen Greifvogel und einen Löwen. Das Gitter des Oberlichts stammt aus dem 18. Jahrhundert, einige Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert.

Einem Tonnengewölbe begegnet man bereits in der Einfahrt, dahinter geht es mit Kreuzgewölben weiter. Zweigeschossige Arkaden zieren den hofseitigen Gebäudeflügel. Die Innenräume sind mit Gewölben und Stuckarbeiten aus dem späten 16. Jahrhundert ausgestattet, im Obergeschoß des Treppenhauses kann man Spiegelgewölbe mit Stichkappen und Stuckbändern aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts erleben. Ein Renaissance-Portal (um 1600) sowie Portale aus dem 16. Jahrhundert gehören zu den architektonischen Highlights des Obergeschosses. Im zweiten Obergeschoss befinden sich Flachdecken mit floralen Stuck und Stuckkassettierungen. Selbst im Hinterhaus gibt es noch bemerkenswerte Architekturdetails aus der Barockzeit.

Bei der Generalsanierung dieses Hauses wurde besonderer Wert auf die Erhaltung der Oberflächen gelegt. Dafür kamen ausschließlich Kalkputze zur Verwendung, teilweise mit Donausand eingefärbt. Das Holzingerhaus dient nun als Musterbeispiel für denkmalgerechte Restaurierung in bester Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt. Jegliche modernistische Attitüde hätte hier viel zerstört.

Bauherrn: Spiegelfeld-Schneeburg´sche Vermögensverwaltung GmbH

Planung: Dr. Georg Spiegelfeld, Dr. Imma Walderdorff
               Baumeister Ing. Franz Chabek