Ein bestehendes Gebäude zu erweitern, geht immer einher mit einem Aufbrechen der alten Form und dem Verbinden und Vermitteln zwischen Alt und Neu. Das kann sehr spannend sein, wie dieses Bauprojekt in Obernalb bei Retz zeigt, bei dem über das reine Spiel mit optischen Kontrast hinaus gearbeitet wurde. Das Ergebnis: Neu, modern und fast ein wenig urban.
Der Reihe nach
Die Planungsaufgabe bestand darin, das bestehende Haus durch einen Glaszubau mit Terrasse zu erweitern, sowie eine Gartensauna und einen Poolbereich anzugliedern. Gelöst wurde sie nach Art vieler Wellness-Hotels mit einem Übergang im Freien, viel Glas und einer Reihe kleiner Rückzugsbereiche, die sich wie eine Melodie der Behaglichkeit aneinanderfügen. Diese Verbindungen und die dadurch geschaffenen Refugien und Blickachsen stellen nun den eigentlichen Gewinn dar, denn was von der Straße völlig unscheinbar erscheint, eröffnet im Innern ein inspirierendes Spiel aus Innen- und Außenräumen, geschützten Terrassen und einem oberen Verbindungssteg mit Blick bis zur Retzer Windmühle.
Das Spannende daran ist auch, wie eine alte traditionelle Weinviertler Liegenschaft in ihr Umfeld nahezu hineinwächst. Das Alte öffnet sich, und Stahl, Holz und Glas durchwachsen die unmittelbar angrenzenden Bereiche. Das Innere rückt dadurch viel näher an die Natur heran, denn die großen Glasfronten engen den Blick nicht ein und verwischen den Übergang zwischen Drinnen und Draußen. Man ist so halb im Freien und doch noch im Haus. Mit den vielen geschmackvollen Sitzgelegenheiten lädt dieser neue Baukörper dazu ein, sich zu setzen und einfach mal zu schauen.
Offen für neue Perspektiven
Diese Öffnung nach außen tut nicht nur Geist und Seele gut, sie lässt zudem die Räume auch viel größer wirken. Dabei ist das Haus aber nicht zwanghaft modern, sondern belässt das Alte, wo es nach wie vor Gültigkeit besitzt. Das spiegelt sich auch in der besonnenen Wahl der Möbel. Neues Design neben ein bisschen Biedermeier, streng geometrisch, etwas Art Deco und Jugendstil – alles „moderne“ Stile, die einst sehr innovativ waren. Die Art, wie sie hier zitiert werden, hat eine leichte Ironie, und auch die offene Treppe erinnert ein wenig an ein Bild von M. C. Escher, der mit der Darstellung von Räumen und Figuren mit optischen Täuschungen einst hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Ein offener Kamin, der aus einem französischen Schloss im Stil des Klassizismus stammt, gibt dem Wohnbereich nostalgisches Flair.
Beherzter Umgang mit dem Gegebenen
Der Planer ließ die Fassade über die gesamte Bestandsbreite öffnen und mit einem deckenbündigen Unterzug versehen. Der 40 m² große Zubau macht den Wohnraum im Erdgeschoß jetzt beinahe doppelt so groß wie vorher. Mit der über 6,5 Meter breiten Glasschiebetür kann er zudem noch auf die vorgelagerte Terrasse optisch erweitert werden. Beheizt wird der Zubau über Unterflurkonvektoren entlang der Glasflächen, die an die Bestandsheizung angeschlossen wurden. Das eingesetzte Glasdach in Dreischeibenverglasung kommt ganz ohne Stahlkonstruktion aus, es ruht auf Glasschwertern, so dass nichts den freien Blick nach oben verstellt.
Das Badehaus umfasst eine Grundfläche von 20 m² und auch hier bilden öffenbare Glaselemente die Außenhaut. Trotz seiner kompakten Bauform vereint es Sauna, Dusche, Bad und WC, auf dem Dach befindet sich ein Outdoor-Whirlpool. Die Heizung des Badehauses erfolgt über Infrarotelemente an der Decke mit minimaler Vorwärmzeit und Wärmestrahlung nur dann wenn man sie braucht.
Eigentümer: Mag. Susanne und Mag. Walther Schnopfhagen
Planung: SPUTNIC, DI Norbert Steiner